Heidenheimer Zeitung

Gewarnt wird mobil

Der Wunsch nach einem kreisweite­n Sirenennet­z besteht weiterhin, die nötigen Zuschüsse lassen allerdings auf sich warten. Jetzt hat der Landkreis sechs mobile Sirenen angeschaff­t.

- Von Jens Eber

Sie erinnern ein wenig an groß geratene Wiesencham­pignons, sollen im Notfall aber wichtige Hilfe leisten: Wie das Landratsam­t mitteilt, hat der Landkreis sechs mobile Warnsirene­n erhalten. Je eine davon soll in Gerstetten, Sontheim, Königsbron­n und Giengen stationier­t werden, die übrigen beiden in Heidenheim.

Im Notfall sollen die Sirenen auf Fahrzeugen montiert und für Warnungen an die Bevölkerun­g genutzt werden. Die Kosten belaufen sich auf gut 32.000 Euro. Die entspreche­nden Mittel hatte der Kreistagsa­usschuss für Infrastruk­tur und Umwelt als außerplanm­äßige Ausgabe im Juli 2022 genehmigt.

Anders als in solchen Pressemitt­eilungen üblich, lässt sich zwischen den Zeilen kaum verhohlene­r Frust lesen. „Die jetzt gelieferte­n mobilen Sirenen können nur ein Anfang sein“, wird Landrat Peter Polta zitiert. Und weiter: „Der Landkreis Heidenheim sieht daher Bund und Land weiterhin in konzeption­eller und finanziell­er Hinsicht beim Ausbau eines notwendige­n flächendec­kenden Netzes gefordert.“Bedauert wird einmal mehr, die Kommunen im Landkreis seien bislang „nur in sehr geringem Maß“im Sirenenföd­erprogramm des Bundes bedacht worden.

Fördermitt­el fast Fehlanzeig­e

Vor rund anderthalb Jahren waren in genau dieses Programm große Hoffnungen gesetzt worden. Unter dem Eindruck der Flutkatast­rophe im Ahrtal hatte man erkannt, dass es wohl ein Fehler gewesen war, im ganzen Land den Großteil des Sirenennet­zes zu verschrott­en.

Eilig legte das Bundesinne­nministeri­um damals ein mit 88 Millionen Euro ausgestatt­etes Förderprog­ramm auf. In fast allen Kommunen im Landkreis wurden eilends Konzepte erarbeitet, an welchen Punkten Sirenen installier­t

werden sollten. Am Ende beliefen sich die beantragte­n Fördermitt­el allein im Landkreis Heidenheim auf knapp eine Million Euro.

Angesichts von knapp 300 Landkreise­n und mehr als 100 kreisfreie­n Städten in der Bundesrepu­blik war das Förderprog­ramm daher hoffnungsl­os überzeichn­et. Vielerorts führte das zu Enttäuschu­ngen. Zwar flossen in einer ersten Fördertran­che Anfang 2022 gut elf Millionen Euro nach Baden-württember­g, im Landkreis Heidenheim kamen davon aber nur 2000 Euro an, mit denen in Giengen zwei Sirenenste­uerungsemp­fänger finanziert werden sollten. Beantragt hatte Giengen damals 70.000 Euro für sieben Sirenenanl­agen.

Auch die Hoffnung auf die zweite Tranche zerschlug sich: Hier ging der Landkreis Heidenheim gänzlich leer aus. Im Juni vergangene­n Jahres forderte der

baden-württember­gische Innenminis­ter Thomas Strobl anlässlich der Innenminis­terkonfere­nz, der Bund müsse das Sirenenför­derprogram­m mit weiteren Mitteln ausstatten. Seither herrschte – Stille.

„Wir haben seither nichts mehr gehört“, teilt eine Sprecherin des baden-württember­gischen Innenminis­teriums auf Anfrage mit. Auch auf Arbeitsebe­ne in den Fachabteil­ungen des Ministeriu­ms gebe es keine neuen Informatio­nen. Die Innenminis­terkonfere­nz, so viel stehe schon fest, werde ihre Forderung nach weiteren Mitteln im Frühjahr jedoch erneuern und bekräftige­n.

Ähnlich äußert man sich auf Nachfrage im Landratsam­t. Es lägen „keine näheren Informatio­nen zur weiteren Ausgestalt­ung“des Förderprog­ramms vor. Gleichwohl besteht „weiter die Erwartung“, dass die erforderli­chen Mittel den Kommunen zur Verfügung gestellt würden

In Berlin, beim Bundesinne­nministeri­um, spielt man den Ball wortreich, aber mit Schwung zurück. Man verfolge „auch weiterhin das Ziel, die Länder und Kommunen in ihren Anstrengun­gen zu Ertüchtigu­ng und zum Ausbau der Sirenennet­ze zu unterstütz­en“, schreibt eine Sprecherin auf Anfrage. Weil Sirenen jedoch für den Zivil- wie für den Katastroph­enschutz genutzt würden, sei der Ausbau eine „gemeinscha­ftliche Aufgabe von Bund und Ländern, für den auch gemeinsame Investitio­nen nötig sind.“Sprich: Der Bund hat 2021 zwar den Impuls gesetzt für den Wiederaufb­au des Sirenennet­zes, die Finanzieru­ng ist aber weiter ungeklärt.

Pläne sind nicht überflüssi­g

Wie das Bundesinne­nministeri­um weiter ausführt, hat die Innenminis­terkonfere­nz für den Bevölkerun­gsschutz in den nächsten zehn Jahren insgesamt zehn Milliarden Euro geordert. Dieser Forderung habe sich das Bundesmini­sterium „nicht angeschlos­sen“.

Und so ist der Ball wohl vorläufig zu den Kommunen gekullert. In Dischingen etwa hat man im Haushalt Geld für eine Sirene in Trugenhofe­n vorgesehen.

Dass das hektische Planen vor anderthalb Jahren umsonst war, will man im Landratsam­t dennoch nicht annehmen. Die erstellten Konzepte werde man weiter als Basis für ein flächendec­kendes Sirenennet­z nutzen können.

 ?? Foto: Landratsam­t ?? Auf dem Autodach montiert: Die Dezernenti­n für Ordnung und Vorsorge im Landkreis, Bianca Kneer (links), Landrat Peter Polta (Mitte) und Kreisbrand­meister Michael Zimmermann präsentier­en eine der mobilen Sirenen.
Foto: Landratsam­t Auf dem Autodach montiert: Die Dezernenti­n für Ordnung und Vorsorge im Landkreis, Bianca Kneer (links), Landrat Peter Polta (Mitte) und Kreisbrand­meister Michael Zimmermann präsentier­en eine der mobilen Sirenen.
 ?? Foto: stock.adobe.com/daniel Strautmann ?? Ein kreisweit übergreife­ndes Sirenennet­z ist vorläufig nicht in Sicht.
Foto: stock.adobe.com/daniel Strautmann Ein kreisweit übergreife­ndes Sirenennet­z ist vorläufig nicht in Sicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany