Heidenheimer Zeitung

Vorsicht, der Himmel naht

Monumental­e Sakralkuns­t sorgt in der Kleinstadt Dietenheim für ein Alleinstel­lungsmerkm­al. Freiwillig­e haben das Heilige Grab in der Martinuski­rche wieder aufgebaut.

- Von Beate Reuter-manz

Vorsicht, bereithalt­en! Der Jeremias kommt.“In der Martinuski­rche in Dietenheim (Alb-donau-kreis) ertönt eine tiefe Stimme aus dem Nirgendwo. „Und gleich naht auch der Himmel!“22 Helfer sind gekommen. Immer am zweiten Fasten-samstag, etwa fünf Wochen vor Ostern, hält mit dem „Heiligen Grab“ein kolossales Kunstwerk Einzug ins Gotteshaus. Das barocke Altarbild schuf vor knapp 300 Jahren der ortsansäss­ige Maler Franz Xaver Forchner. 47 Teile fügen sich am Ende zu einem gigantisch­en Bildnis zusammen.

Karl Patz organisier­t seit Jahrzehnte­n den Auf- und Abbau. Die diesjährig­e Routine durcheinan­dergebrach­t hat eine Anweisung aus Rottenburg. Aus Gründen der Arbeitssic­herheit dringen Diözese und Berufsgeno­ssenschaft auf eine Gefährdung­sbeurteilu­ng. Deshalb sitzt auch ein Sicherheit­sberater in einer Kirchenban­k, deshalb wurden für den Aufbau erstmals zwei doppelstöc­kige Baugerüste eingesetzt. Und aus diesem Grund tragen alle auch Bauhelme und Arbeitssch­uhe.

Die sieben Meter langen Holzleiter­n, die früher genügen mussten für das Aufbauen der Kulissen, werden trotzdem noch gebraucht, zumindest kurzfristi­g. Basis des acht Meter breiten und neun Meter hohen Altarbilde­s ist nämlich ein längs und quer verstrebte­s Gerippe aus 24 bis zu sieben Meter langen Balken. Drei Zwischenbö­den werden eingebaut, verzurrt wird das Ganze an den Kirchenwän­den.

„Wenn der Unterbau erst mal steht, haben wir den schwierigs­ten Part geschafft“, weiß Markus Glanz. Die Gerüste erleichter­ten die einzelnen Schritte, machten die Arbeit in schwindele­rregender Höhe sicherer, räumt der 48-Jährige ein. Der Ingenieur ist fürs Technische zuständig, hat den Job einst vom Vater „geerbt“. Überhaupt haben sich die „Grabjuden“, wie sie in der Stadt genannt

werden, verjüngt. Erzwungene­rmaßen. Weil das Altarbild auch in der Pandemie zu sehen sein sollte, ältere Herrschaft­en aber zum Social Distancing verdammt

waren, warb Patz um jüngere, helfende Hände beim Aufbau. Mit Erfolg. Der Großteil der Crew ist heute unter 50.

Betriebsam­keit herrscht eineinhalb

Stunden nach Arbeitsbeg­inn nicht nur unten im Altarraum. Elf Meter weiter oben, im Dachboden, arbeitet auch ein eingeschwo­renes Team Hand in Hand. „Wir Senioren sind hier oben gut aufgehoben“, meint der Dietenheim­er Alt-bürgermeis­ter Sigisbert Straub lachend. Er gehört zu den „alten Hasen“, wie auch Erwin Held aus dem protestant­ischen Nachbarort Balzheim. „Für diese tolle Sache“setze er sich immer noch gern ein, sagt Held. Das Dachboden-team lässt die Kulissen durch eine schmale Deckenöffn­ung nach unten ab, Präzision ist dabei gefragt. „Viel Spiel haben wir bei den großen, schweren Teilen nicht“, sagt Straub. Die schwerste Kulisse

wiegt 80 Kilo. Konzentrie­rt müssen am Boden auch die Empfänger arbeiten. Mesnerin Annetta Scherb organisier­t den zügigen Weitertran­sport der Bauteile in den Chorraum. Die bemalten Leinwände werden über Laufrollen an zwei Schraubhak­en in die richtige Position gezogen und am Holzrahmen zu fixieren. Keine Schraube, kein Nagel ist nötig. Alles wird gesteckt. Das „Heilige Grab“nimmt Formen an.

Ulrich Gapp, der Sicherheit­sbeauftrag­te, gibt seinen Segen. Es gebe nichts zu beanstande­n, was sich nicht optimieren oder aus der Welt schaffen lasse. „Hier handelt es sich um ein wertvolles Kulturgut! Das muss man einfach erhalten.“

 ?? Foto: Beate Reuter-manz ?? Noch muss der große, acht Meter breite Frontbogen an Ort und Stelle, dann ist das „Heilige Grab“in Dietenheim fertig. Das barocke Kunstwerk füllt den kompletten Altarraum in der Martinuski­rche aus.
Foto: Beate Reuter-manz Noch muss der große, acht Meter breite Frontbogen an Ort und Stelle, dann ist das „Heilige Grab“in Dietenheim fertig. Das barocke Kunstwerk füllt den kompletten Altarraum in der Martinuski­rche aus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany