Dicker als Notre Dame
Am mehr als 350 Jahre alten Brenzer Schloss sind zahlreiche tragende Balken verfault, an einer Fassade treten Risse auf. Derzeit arbeiten Experten daran, die Schäden und deren Ursachen festzustellen.
Seit mehr als einem Jahr ist bekannt, dass es an Schloss Brenz im Südflügel Bauschäden gibt, die weit über die Folgen des Wasserschadens vom Sommer 2021 hinausgehen. Was dort saniert werden muss und worin mögliche Ursachen liegen, erläuterte der Brenzer Zimmermeister und Restaurator Peter Renner im Gemeinderat. Renner hatter im vergangenen Herbst den Auftrag für die Projektleitung der Voruntersuchungen für ein Maßnahmenkonzept erhalten.
Die Fotos, die Renner dem Rat präsentierte, offenbaren ihren Schrecken im Detail. Dicke, mehr als 350 Jahre alte Eichenbalken einer statisch relevanten Balkenlage, von denen ganze Abschnitte restlos weggefault sind, dazu Risse an der Ostfassade, die sich über zwei Stockwerke erstrecken. „Das Gebäude ist in Bewegung“, sagte Renner im Rat. Das Holz sei schon vor Jahrzehnten verfault, womöglich habe sich das Problem sogar über Jahrhunderte hinweg entwickelt. Die Fassadenrisse hingegen seien erst nach der Teilsanierung des Schlosses in den Jahren 2009 bis 2011 entstanden.
Nun ist Renner keiner, der zur Dramatisierung neigt. Daher betonte er, dass die Konstruktion standhalte, dass es momentan womöglich nicht notwendig sein werde, das Gebäude mit Sprießen abzustützen. Dennoch sagt er: „Die Schäden sind gravierender als zunächst vermutet.“
Starke Eichenbalken abgefault
Dass es sich um Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit handelt, kann Renner ausschließen. „Wir haben hier sehr stark dimensionierte Eichenbalken“, erklärt er. Dieses harte Holz enthält viel Gerbsäure und ist normalerweise sehr widerstandsfähig gegenüber Pilzen und Insekten. Für Renner ist das ein Zeichen dafür, wie lange der Verfall sich hinzog.
Der Experte betonte jedoch auch, dass die Untersuchungen noch in einem frühen Stadium seien. Im Moment wird im betroffenen Bereich der Boden ausgebaut, um die schadhafte Balkenlage freizulegen. Aktuell geben sich im Brenzer Schloss auch Fachleute unterschiedlichster Professionen quasi die Klinke in die Hand. Denkmalschützer begutachten die Schäden ebenso wie Statiker, Vermessungs-ingenieure, Bauphysiker, Restauratoren, Bauforscher, Archäologen oder Experten für Dendrochronologie und Pilz- und Insektenbefall an Holz.
Untersuchung bis Sommer
Renner hofft, dass die aufwendige Freilegung und Voruntersuchung bis zum Spätsommer beendet sein könnte. Dann sollen nicht nur die Schäden vollständig aufgenommen und dokumentiert sein, man wolle auch die Ursachenforschung abschließen.
Erste Annahmen äußerte Renner im Gemeinderat bereits. So falle das Gelände auf der Westseite zum Schloss hin ab. Daher könnte über lange Zeiträume hinweg auch Wasser ins Kalksteinmauerwerk gelangt sein. Wie gut die Sockelzone der Außenwände in diesem Bereich überhaupt abgedichtet
ist, müsse aber noch erkundet werden.
Dass die Schäden erst jetzt entdeckt wurden, liegt auch daran, dass sich das Geschehen unterhalb des mit Ziegelpflaster belegten Fußbodens abspielt. Erst, als nach dem Wasseraustritt von 2021 umfassend sondiert wurde, traten die Schadstellen am Holz zwei Geschosse tiefer zutage. Bei der Teilsanierung war in diesem wenig genutzten Bereich des Schlosses nicht gearbeitet worden. Damals wurde das Heimatmuseum modernisiert, das Dach saniert, ein Catering-bereich installiert, der Hans-weiss-saal restauriert sowie der Rittersaal saniert, mit einer Fußbodenheizung und neuem Eichen-parkett ausgestattet und zum Vorzeigeraum der Gemeinde gemacht.
Bei der nun anstehenden Sanierung werden sich übrigens nicht nur handwerkliche Herausforderungen auftun. „Eichenbalken in dieser Stärke und Länge zu beschaffen, ist nicht einfach“, sagt Renner. Im Vergleich dazu seien die für den Wiederaufbau von Notre Dame benötigten Balken relativ einfach zu bekommen, weil der Dachstuhl der Pariser Kathedrale aus unzähligen eher schlanken Balken gebaut war.
Im Rat nahm man Renners Bericht betroffen zur Kenntnis. „Das ist sehr ernüchternd“, sagte Jonas Pürckhauer (FWV). Die Sanierung werde hohe Kosten verursache, befürchtete er. Reiner Lindenmayer von der SPD regte eine Priorisierung der notwendigen Arbeiten an, damit die Sanierung schrittweise angegangen werden könne.
Sanierungskosten sind unklar
Aktuell ist freilich weitestgehend unklar, wie teuer die Sanierung werden wird. Auch woher das Geld kommen soll, ist offen. Auf Mittel aus dem Ausgleichsstock des Landes könne Sontheim jedenfalls nicht hoffen, so Hauptamtsleiter Martin Hofman. Schlösser seien keine Pflichtaufgabe einer Gemeinde. Ohnehin brauche die Verwaltung zunächst das Maßnahmenkonzept, um Förderanträge stellen zu können.