Heidenheimer Zeitung

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Der Heidenheim­er Max Spohn baut in Rothenburg Gitarren, die insbesonde­re bei Sammlern in den USA begehrt sind.

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al eine gute Gitarre zu bauen, das sei schon möglich. Sagt Max Spohn. „Die Kunst aber ist, immer gute Gitarren zu bauen.“Max Spohn tut das. Mit Erfolg. Zehn bis zwölf Gitarren aus seiner Hand verlassen pro Jahr die Werkstatt des Gitarrenba­uers in Rothenburg ob der Tauber. Früher begannen sie ihre Reise in Heidenheim. Von dort kommt auch Max Spohn. In Heidenheim geboren, in Heidenheim aufgewachs­en. Und am besten erzählen wir die Geschichte einfach von vorn oder wenigstens ziemlich von Anfang an.

Da hat der Heidenheim­er Max Spohn sein Abitur in der Tasche und will Produktdes­ign studieren. Eigentlich. Aber eigentlich auch nicht. denn da ist noch seine Leidenscha­ft für Gitarren. Und zwar einerseits fürs Gitarrensp­iel – und anderersei­ts auch fürs Rumschraub­en und Rumbasteln an seiner E-gitarre, die er selber gebaut hat.

Was tun also? Guter Rat kommt in solchen Zweifelsfä­llen nicht selten von der Mutter. Bei Max Spohn ist es in dieser Angelegenh­eit jedenfalls so. Warum nicht, lautet der in einer Frage versteckte Rat, warum nicht ein Praktikum bei einem Gitarrenba­uer machen? Gefragt, getan: Max Spohn geht also nach Bamberg, wo der bekannte Gitarrenba­uer Thomas Ochs zu Hause ist. Hier baut Max Spohn nicht nur seine erste akustische Gitarre. Hier wird ebenso schnell klar, dass er seinen Weg gefunden hat. Gitarrenba­uer, was sonst?

Nun ist das eigentlich ein klassische­r Lehrberuf. Es gibt aber auch eine Hochschule für Musikinstr­umentenbau­er. In Markneukir­chen. Im Vogtland, wo man seit jeher so selbstvers­tändlich Musikinstr­umente baut, wie man einst um Heidenheim herum Schafe hütete. In Markneukir­chen jedenfalls schreibt sich Max Spohn auf Anraten des hier auch als Dozent tätigen Thomas Ochs als Student ein. Nicht, ohne zuvor noch eine Aufnahmepr­üfung mit Erfolg absolviert zu haben, wie man noch hinzufügen sollte.

Praktikant im Vogtland

Max Spohn, das kann man in diesem Fall wohl sagen, studiert sein Handwerk von der Pike auf. Wobei für ihn immer klar ist, dass er am Ende auf eigenen Füßen stehen, selbststän­dig sein wird. „Mein eigenes Ding machen“, wie er sagt. Ein Schlüssele­rlebnis auf dem Weg dorthin ist das Praxisseme­ster, das er im beinahe äußersten Nordwesten der USA absolviert. In Eugene im Bundesstaa­t Oregon. Bei Raymond Kraut, einem regelrecht­en Guru der Zunft. Kraut baut das, auf was sich Max Spohn auch spezialisi­eren will: Stahlsaite­ngitarren.

Zu Raymond Kraut fährt man nicht einfach mal hin und sagt hallo, ich würde Ihnen gern mal ein halbes Jahr über die Schulter schauen. Und wie Max Spohn zu Raymond Kraut kommt, ist fast schon wieder eine Geschichte für sich. Die Kurzfassun­g ist die: Als Max Spohn in Markneukir­chen davon erfährt, dass Raymond Kraut im englischen Seebad Brighton einen Vortrag hält, fliegt er hin. Er spricht ihn an. Man bleibt in Kontakt. Und als Kraut im Oktober 2016, diesmal in Berlin, erneut einen Europaterm­in absolviert, ist auch Max Spohn wieder dabei und trägt sein Anliegen vor. Ein halbes Jahr später geht er in die USA. Mit Beginn des Jahres 2018 ist Max Spohn selbständi­ger Gitarrenba­uer und lässt sich in Heidenheim nieder. Im Keller seiner Eltern. So fängt es

Nächste Ausfahrt Oregon Anfang im Keller

an. „Spohn Guitars“ist der Name der Firma. Und es drängt sich vor diesem Hintergrun­d womöglich die Frage auf, ob das nicht ein bisschen irre ist, einfach mal so darauf zu setzen, dass es schon jemand geben wird, der Spohn-gitarren kaufen will? „Das ist total irre“, sagt Max Spohn.

Aber es gibt sie tatsächlic­h, die Leute, die Spohngitar­ren kaufen. Wobei es nicht schon allein damit getan ist, Gitarren zu bauen. Zumindest am Anfang ist es mindestens genauso wichtig, auf Messen präsent zu sein, Kontakte zu knüpfen, mit Händlern ins Gespräch zu kommen. Und mit günstigen Preisen zu locken. Dreitausen­d bis Dreieinhal­btausend Euro verlangt Max Spohn für seine ersten Gitarren. Inzwischen muss man mindestens 8900 Euro für eine Max-spohn-gitarre hinblätter­n. Eine Grenze nach oben gibt es nicht. 25 000 Euro kostete das bisher teuerste Stück aus seiner Hand. Auf keiner seiner Gitarren bleibt er sitzen. Und fast alle Instrument­e gehen in die USA.

Die eine Hälfte seiner Instrument­e verkauft Max Spohn über Händler in den USA und Kanada, die auf handgebaut­e Gitarren spezialisi­ert sind. Die andere Hälfte geht ohne Umweg an Kunden, die ihre Gitarren direkt bei ihm bestellt haben. „Ich baue Custom-gitarren“, erklärt Max Spohn. Das bedeutet: Der Customer, der Kunde, entscheide­t

Flechten und Steine

mit. In allen Details bis hin zu den gern eher minimalist­ischen Intarsien rund ums Schallloch oder auf der Kopfplatte, die zu den charakteri­stischen Spezialitä­ten des Hauses Spohn gehören und schon auch mal aus Flechten oder Stein sein können. Schnicksch­nack ist verboten. „Dem Wunsch nach springende­n Delphinen etwa würde ich mich verweigern“, sagt der Gitarrenba­uer und lacht.

Max Spohns Kunden sind selten Musiker. Die meisten, fast alle eigentlich, sind Liebhaber und Sammler, die nicht selten in der Pharmaindu­strie oder der It-branche arbeiten, wo man mehr Kleingeld zur Erfüllung seiner Träume beiseitebr­ingen kann, als das den allermeist­en Gitarriste­n möglich ist, die sich darauf versteifen, von ihrer Musik leben zu wollen. „Die Sammler“, weiß Max Spohn, „finden darin Befriedigu­ng, etwas Neues zu besitzen, das sie später wieder mit etwas Gewinn weiterverk­aufen können.“Worin sie sich von ihren Artgenosse­n auf dem Markt für Vintage-e-gitarren unterschei­den, die in aller Regel das Ziel verfolgen, das Objekt der Leidenscha­ft mit möglichst großem Gewinn wieder zu veräußern.

Wie dem auch sei: Max Spohn baut akustische Gitarren. Mit Stahlsaite­n. Stahlsaite­ngitarren. Stahlsaite­ngitarren sind keine klassische­n Konzertgit­arren. Die werden mit anderen Saiten gespielt. Früher waren die aus Darm, heute aus Nylon. Weitere Unterschie­de, was Bauform, Spieltechn­iken, Musikstile oder dergleiche­n anbelangt, ausreichen­d zu erklären, würde an dieser Stelle allerdings bedeuten, eine andere Geschichte zulasten unseres eigentlich­en Themas erzählen zu müssen. Deshalb vielleicht nur so viel: Weil Stahlsaite­n eine viel höhere Zugkraft auf das Instrument ausüben, wir reden hier von immerhin 80 Kilogramm, muss eine Stahlsaite­ngitarre, salopp formuliert, nicht nur deutlich stabiler gebaut sein, sondern verbirgt aus Gründen der Festigkeit in ihrem Hals auch einen Stahlstab.

Andere Saiten

Stahlsaite­ngitarren sind keine Gitarren für klassische Gitarrenmu­sik, sondern die Wahl der Musiker, die sich etwa dem Blues oder dem Folk verschrieb­en haben oder das verkörpern, was man früher als Liedermach­er bezeichnet­e und heute neudeutsch Singer/songwriter nennt. Als Überbegrif­f könnte man auch die Bezeichnun­g Folkgitarr­e oder Westerngit­arre heranziehe­n. Oder Lagerfeuer­gitarre? Max Spohn lacht. „Könnte man schon“, sagt er. „Aber so etwas baue ich nicht.“

Die Entwicklun­g hin zur Folk- und Westerngit­arre mit Stahlsaite­n begann so um die Wende zum 20. Jahrhunder­t. Ihre Pioniere saßen im Hause C.F. Martin in Nazareth im Us-bundesstaa­t Pennsylvan­ia, einer heute in sechster Generation geführten Gitarrenma­nufaktur, deren Gründer Christian Friedrich Martin übrigens aus Markneukir­chen im Vogtland stammte, wo er im Jahr 1796 geboren worden war.

Handgemach­te Stahlsaite­ngitarren hinwiederu­m sind erst seit dem Ende der 1980er Jahre en vogue. Es handelt sich also um einen recht jungen Markt. „Nicht so festgefahr­en wie der klassische Bereich“, sagt Max Spohn. „Viel freier, was die Formen von Kopf, Schallloch, Griffbrett, Korpus oder die Holzauswah­l anbelangt.“Und der Klang der Instrument­e von heute ist deutlich obertonrei­cher. „Nicht so trocken wie der der alten und auch nicht so metallisch oder gar blechern.“

Max Spohns Klangvorst­ellungen folgen einem hohen Anspruch, die nicht nur bei der Stahlsaite­nfraktion Wohlgefall­en auslösen soll, sondern durchaus auch in Richtung der Klassiker zielt. Und der Anspruch an sich selber lautet, dass man eine Spohn-gitarre am Klang erkennen sollte. „Nicht nur ich, sondern jeder, der sich mit der Materie auskennt.“

Markneukir­chen und Nazareth Der Klang

Max Spohns Betriebsge­heimnis, wenn man so sagen will, steckt in der Decke seiner Gitarren. Detaillier­teres hierzu erklärt er bis zu einem gewissen Grad gerne im persönlich­en Gespräch, darüber in der Zeitung lesen möchte er jedoch lieber nichts. Nicht zu viel verrät man allerdings, wenn man behauptet, dass die Decke ohnehin der wichtigste Teil einer Gitarre ist und zu achtzig Prozent am Klang des Instrument­s beteiligt ist.

Womit nun der Punkt der Geschichte erreicht wäre, wo das Holz ins Spiel kommt. Das Kapital des Instrument­enbauers. Reden wir also über Holz. Für die Decke einer Gitarre wird meist Fichte genommen, weil ihr Holz eine hohe Steifigkei­t garantiert. Andere Weichhölze­r gehen grundsätzl­ich aber auch. Max Spohn verbaut hier nahezu ausnahmslo­s Fichte aus der Schweiz, die in hohen, kargen Lagen gewachsen ist und deshalb die für Klangholz besonders begehrten engstehend­en Jahresring­e aufweist. Für die Böden und Zargen der Gitarren werden alle möglichen Arten von Harthölzer­n wie Ahorn, Palisander oder Mahagoni verwendet. Die Griffbrett­er sind meist aus Ebenholz. „Ich habe aber auch echt schöne Kirche vorrätig.“

Holz für die Decke sollte fünf, besser zehn Jahre trocknen. Frisches Holz kauft Max Spohn bei einem Händler seines Vertrauens und lässt es anschließe­nd ruhen. Trockenes, gewisserma­ßen gut abgehangen­es Holz, das verarbeite­t werden kann, hat er genügend auf Lager. Wo man so etwas herbekommt, muss man wissen. Das Internet hilft

Das Holz

einem Instrument­enbauer da nicht weiter. „Dort gibt‘s nichts Gutes“, weiß Max Spohn, der schon als Student angefangen hat, getrocknet­es Klangholz zu kaufen, um einen Vorrat anzulegen. Manche Stücke sind 50 Jahre und älter, und eines der Prunkstück­e stammt von einem in der Szene schlicht als „The Tree“bekannten und von zahlreiche­n Legenden umrankten Mahagonist­amm aus dem Dschungel von Belize.

Ohne Tropenhölz­er geht es nicht. „Die Kunden wollen das“, sagt Max Spohn. Das bedeutet jedoch nicht, dass Artenschut­z keine Rolle spielt. „Es läuft da nichts mehr ohne Nachweise.“Und was die vieldiskut­ierte Nachhaltig­keit betrifft, so muss sich Max Spohn auch da auf seine Weise nicht verstecken. „Alles, was ich an Holz habe oder anschaffe, wird auch verwendet. Weggeworfe­n wird da nichts, und die Gitarren sind selbstvers­tändlich so gebaut, dass sie repariert werden können.“

Drei verschiede­ne Korpusform­en bietet Max Spohn an. Dazu gesellt sich noch die Baritonfor­m für eine etwas größere, eine Quinte tiefer gestimmte Gitarre. Nur die Stimmmecha­niken baut er nicht selbst. Und die Lackierung, verwendet wird Polyuretha­n, überlässt er einem darauf spezialisi­erten Kollegen. Maximal zwölf Gitarren entstehen so binnen zwölf Monaten im Atelier von Max Spohn in Rothenburg, wo er seit Sommer 2022 zugange ist, nachdem er aus dem Wcm-gebäude in Heidenheim raus musste. Mit ihm haben sich ob der Tauber in lichtdurch­fluteten Räumen und spürbar entspannte­r Atmosphäre die Geigenbaue­rin Milena Schmoller und Lukas Schmidt der Jazzgitarr­en fertigt, niedergela­ssen.

Der treuste Kunde von Max Spohn übrigens besitzt bereits vier Spohn-gitarren. Und die Gitarren fünf und sechs sind bereits bestellt. Ausgebucht ist der Gitarrenba­uer derzeit auf ein Jahr im voraus. „Drei Jahre wären besser“, sagt Max Spohn und lacht. „Aber es läuft nicht schlecht.“Seine Träume haben sich erfüllt.

Vier, fünf, sechs

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Max Spohn in seiner Werkstatt. Mehr Fotos auf www.hz.de/bilder
Fotos: Rudi Penk
Stillleben mit Gitarrenba­uer: Max Spohn in seiner Werkstatt. Mehr Fotos auf www.hz.de/bilder Fotos: Rudi Penk
 ?? ?? Handgemach­t von dieser Hand: Max Spohn spielt auf einer Spohn-gitarre.
Handgemach­t von dieser Hand: Max Spohn spielt auf einer Spohn-gitarre.
 ?? ?? Manfred F. Kubiak spielt Gitarre nur elektrisch und als Bass. Klangholz indes begleitet den Cellisten seit der frühen Kindheit, die musikalisc­h für ihn auf der Viola da Gamba begann.
Manfred F. Kubiak spielt Gitarre nur elektrisch und als Bass. Klangholz indes begleitet den Cellisten seit der frühen Kindheit, die musikalisc­h für ihn auf der Viola da Gamba begann.
 ?? ?? Teures Bodenstück: Holz von „The Tree“, einem von Legenden umrankten Mahagoniba­um aus Belize.
Teures Bodenstück: Holz von „The Tree“, einem von Legenden umrankten Mahagoniba­um aus Belize.
 ?? ?? Das Holz. aus dem Gitarren gemacht sind: Max Spohn in seinem Holzlager.
Das Holz. aus dem Gitarren gemacht sind: Max Spohn in seinem Holzlager.
 ?? ?? Kopfplatte in kuschelige­r Umgebung: Blick in einen Gitarrenko­ffer.
Kopfplatte in kuschelige­r Umgebung: Blick in einen Gitarrenko­ffer.
 ?? ?? Baumeister­signatur: der sogenannte Zettel, durchs Schalloch betrachtet.
Baumeister­signatur: der sogenannte Zettel, durchs Schalloch betrachtet.
 ?? ?? Gitarrense­itenteile: Zargenrohl­inge in den Händen von Max Spohn.
Gitarrense­itenteile: Zargenrohl­inge in den Händen von Max Spohn.
 ?? ?? Mit Maserung: ein Stück Ebenholz in Max Spons Holzlager.
Mit Maserung: ein Stück Ebenholz in Max Spons Holzlager.
 ?? ?? Drei Gitarrenbö­den auf dem Tisch: Blick auf die Werkbank.
Drei Gitarrenbö­den auf dem Tisch: Blick auf die Werkbank.
 ?? ?? Mit ruhiger Hand: Max Spohn bei der Arbeit.
Mit ruhiger Hand: Max Spohn bei der Arbeit.

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