Wagenburg verlassen
Es hat sich gelohnt. Am vorläufigen Ende des Synodalen Weges, so nennt die katholische Kirche in Deutschland ihren Reformprozess, haben Laien und Bischöfe Änderungen beschlossen, die sich zwar innerhalb des Kirchenrechtes bewegen, aber doch neue, überfällige Schritte einleiten: Segensfeiern für alle Menschen, die sich lieben, seien es Geschiedene, die eine neue Ehe eingehen oder homosexuelle und queere Paare, ebenso die Öffnung des Predigtdienstes für Frauen. Auch dass sich die deutschen Bischöfe in Rom vehement zu Anwälten für ein Diakonat von Frauen machen und deren Zugang zu einem Weiheamt einleiten wollen, ist ein gutes Signal.
Das sind kleine Schritte. Eine Revolution im katholischen Orbit ist es nicht. In manchen Diözesen ist ein Teil des jetzt Beschlossenen nämlich längst stillschweigende Praxis. Und für wirkliche Veränderungen hin zu einer geschlechtergerechten Kirche sind die Hürden auf Weltkirchenebene weiter extrem hoch. Fähige Ordensfrauen haben das in Frankfurt gerade wieder erfahren. Sie bleiben von der Spendung kirchlicher Sakramente wie der Taufe, der Krankensalbung oder der in früheren Jahrhunderten bereits praktizierten Laienbeichte ausgeschlossen. Nicht nur für sie ist das ein schmerzliches Ergebnis. Auch die Neuregelung der Mitentscheidungsmöglichkeiten von Laien auf allen Ebenen in Deutschland muss weiter beraten werden. Massive Einsprüche aus Rom haben dafür gesorgt.
Und doch! Im langen und mühsamen Ringen wurden Marksteine gesetzt: Nicht nur in Form kluger Papiere, sondern besonders durch den Prozess selbst: Er hat klerikale Wagenburgen geschleift. Dazu hat etwa die nach dem Alphabet gestaltete Sitzordnung beigetragen, die Blockbildungen
André Bochow verhinderte, andererseits die zu Herzen gehenden Bekenntnisse von Frauen und Gläubigen sexueller Minderheiten, die ihren Schmerz über ihre Verletzung durch die katholische Kirche zum Ausdruck brachten. So nahe waren viele Bischöfe diesem Leid zuvor noch nie gekommen, so offen konnten sie selbst wohl selten über eigene Unsicherheiten reden. Über die Jahre ist dadurch ein neues Miteinander entstanden. Vertrauen konnte wachsen. Wenn auch nicht überall.
Das sind kleine Schritte. Eine Revolution im katholischen Orbit ist es nicht.
Dass eine kleine Minderheit von Bischöfen – Rainer Maria Woelki (Köln), Bertram Meier (Augsburg), Stefan Oster (Passau), Rudolf Voderholzer (Regensburg), Gregor Maria Hanke (Eichstätt) – versuchte, über in Rom bestellte Briefe Debatten einzuhegen, hat Gräben vertieft. Dabei haben andere nationale Bischofskonferenzen gelernt, dass sich mit Einmütigkeit bei Papst Franziskus etwas bewegen lässt.
So haben die Einsprüche aus Rom den Druck auf alle Beteiligten noch einmal erhöht und weitere Kompromisse erzwungen. Für manch Reformbewegten und -bewegte bleibt deshalb ein bitterer Nachgeschmack zurück. Doch auch sie wissen, dass unter den Klerikern die Einsicht gewachsen ist, dass sich die katholische Kirche ändern muss, will sie heutigen Menschen noch ein Zeugnis geben. Mit der Versammlung in Frankfurt ist der Weg nicht zu Ende.