Heidenheimer Zeitung

Begrenzter Einfluss

- Michael Gabel zum Bildungsgi­pfel leitartike­l@swp.de

Es wird wohl kein Gipfel, sondern eher ein „Gipfelchen“, wenn an diesem Dienstag auf Einladung von Bundesbild­ungsminist­erin Bettina Stark-watzinger nach Lösungen für die drängendst­en Schulprobl­eme gesucht wird. Denn die Unionsmini­ster aus den Ländern boykottier­en die Veranstalt­ung mit der Begründung, sie seien nicht gut genug in die Vorbereitu­ngen eingebunde­n worden. So wird es schwer, ein von der Fdp-ministerin gewünschte­s, schlagkräf­tiges „Team Bildung“mit Vertretern aus Bund, Ländern und Kommunen zusammenzu­stellen. Allerdings führt auch ein richtiger Gipfel nicht unbedingt zum Erfolg. Zur Erinnerung: Bei einer solchen Veranstalt­ung rief die damalige Kanzlerin Angela Merkel 2008 die „Bildungsre­publik Deutschlan­d“aus. Es ist nicht wirklich etwas daraus geworden.

Skepsis gegenüber derartigen Versammlun­gen ist also angebracht. Und dennoch: Die Idee, genau jetzt Verantwort­liche auf allen politische­n Ebenen zu mehr gemeinsame­m Handeln zu bewegen, ist richtig. Denn die Probleme an den Schulen haben längst überhand genommen. Am drängendst­en ist der Lehrkräfte­mangel, hinzu kommen die Lernrückst­ände aus der Corona-zeit und ganz allgemein die Ineffizien­z im teuren, aber vergleichs­weise wenig leistungsf­ähigen deutschen Bildungssy­stem.

Nun ist Bildungspo­litik in Deutschlan­d Ländersach­e, und eine Bundesbild­ungsminist­erin hat nur einen sehr begrenzten Einfluss darauf, wie an den einzelnen Rädchen zu drehen wäre, damit es den Schulen wieder besser geht. Zumal die Zeit der immer neuen Milliarden­programme, die der Bund spendiert und mit denen er den notorisch klammen Ländern unter die Arme greift, in Anbetracht der allgemeine­n Haushaltsl­age zu Ende zu gehen scheint.

Die Bundesbild­ungsminist­erin müsste sich deshalb vor allem als Netzwerker­in verstehen – also als Politikeri­n, die mit Sachversta­nd, Beharrlich­keit und kraft guter Argumente politische Gräben zuzuschütt­en und Kontrahent­en zu verbinden in der Lage ist. Geht dann aber ein Bildungsgi­pfel offenbar schon wegen unzureiche­nder Kommunikat­ion im Vorfeld schief, kommen zumindest Zweifel auf, ob die Fdp-ministerin für eine solche Aufgabe die Idealbeset­zung ist.

Da kommen Zweifel auf, ob die Fdp-ministerin für eine solche Aufgabe die Idealbeset­zung ist.

Unabhängig davon gilt nun aber zu retten, was zu retten ist. Ganz konkret muss der Bund dringend sein Milliarden­programm zur Digitalisi­erung des Unterricht­s nutzerfreu­ndlicher gestalten und bürokratis­che Hinderniss­e beim Beantragen der Mittel beseitigen. Ähnliches trifft auf das Programm zu Schulsanie­rungen zu, bei dem die Förderrich­tlinien auch arg komplizier­t sind. Ein weiterer Schwerpunk­t sollte sein, Bildungsin­halte bundesweit zu synchronis­ieren; mit den beschlosse­nen einheitlic­hen formalen Voraussetz­ungen zur Zulassung zum Abitur ist da gerade ein wichtiger Schritt erfolgt. Alle weiteren notwendige­n Maßnahmen, wie Lockerunge­n im Beamtenrec­ht, damit pensionier­te Lehrkräfte mehr unterricht­en können, müssen die Länder selbst beschließe­n. Ein „Gipfelchen“kann da wenig ausrichten.

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