Bankencrash belastet Dax
Nach der Pleite der Silicon Valley Bank in den USA wächst die Sorge vor möglichen Ansteckungsrisiken für andere Institute. Das lässt die Kurse einbrechen.
Große Verunsicherung herrscht am deutschen Aktienmarkt. Der Deutsche Aktienindex sackte am Montag um rund drei Prozent ab unter die Marke von 15 000 Punkten. Anleger und Investoren verloren dadurch an diesem Tag rund 40 Milliarden Euro. Vor allem Bankenwerte sackten ab, der Kurs der Commerzbank um mehr als 12 Prozent. Bereits am Freitag hatte das wichtigste Börsenbarometer 1,3 Prozent nachgegeben.
Ausgelöst hat die Nervosität der Kollaps der Us-regionalbank Silicon Valley Bank (SVB), die sich auf die Finanzierung von Start-ups und Tech-unternehmen spezialisiert hatte. Us-finanzministerin Janet Yellen und die Usbehörden hatten am Wochenende vieles unternommen, um Panik an den Us-börsen zum Wochenstart zu verhindern und ebenso dass Kunden im großen Stil ihre Guthaben von anderen kleineren Banken abziehen.
Die Behörden hatten die SVB vorübergehend geschlossen und sie unter staatliche Kontrolle gestellt. Zudem betonten sie, dass die Kunden Zugang zu ihren Guthaben bekommen. Dies bekräftigte am Montag auch Us-präsident Joe Biden: „Die Amerikaner können sich darauf verlassen, dass das Bankensystem sicher ist“.
Unruhe hatte es zuvor aus einem weiteren Grund gegeben: Die Us-regulierer hatten am
Sonntag auch die New Yorker Signature Bank geschlossen. Zu deren Kunden gehörten unter anderem die Krypto-handelsplattform Coinbase sowie der Stablecoinbetreiber Circle. Zunächst herrschte Unsicherheit, ob die Kunden von Signature an ihre Einlagen kommen.
Kein Risiko für Deutschland
Während der Dow-jones am Montag mit Gewinnen in den Handel startete, gab es an vielen internationalen Börsenplätzen deutliche Abschläge. „Die Art von Übernacht-rettungs-aktionen weckt böse Erinnerungen an die Finanzkrise von 2008“, sagte Jochen Stanzl, Analyst beim Broker CMC Markets. „Der Markt vermutet, dass die Probleme, die bei der SVB sichtbar geworden sind, auch in anderen Bilanzen stecken, auch in jenen der ganz Großen.“
Der Bundesverband deutscher Banken (BDB) betonte, die Situation der deutschen Banken sei nicht vergleichbar: „Die deutschen Banken sind robust, stabil und widerstandsfähig. Sie haben ihr Kapital seit 2008 massiv aufgestockt.“Die deutsche Einlagensicherung sei nicht gefragt. Auch die Finanzaufsicht Bafin betonte, die Notlage der Silicon Valley Bank stellt keine Bedrohung für die Finanzstabilität dar. Sie schloss die Zweigstelle des Usinstituts mit sofortiger Wirkung für den Kundenverkehr und erließ ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot gegenüber der Bank.
Mit einer Bilanzsumme von gut 200 Milliarden Us-dollar und einem Einlagenvolumen von rund 175 Us-dollar gehört die SVB zu den größeren Regionalbanken in den USA. Seit dem Ende der Finanzmarktkrise hat es in den USA keinen Bankenkollaps dieser Größenordnung gegeben, sagt Chrisoliver Schickentanz, Chief Investment Officer des Vermögensverwalter Capitell AG.
Die Insolvenz der SVB könne man jedoch nicht mit dem Zusammenbruch der Us-investmentbank Lehman Brothers vergleichen,
Hier ist der Schaden am größten
Die Eigentümer der SVB werden sich nach den Worten von Chris-oliver Schickentanz vom Vermögensverwalter Capitell auf erhebliche Wertverluste, möglicherweise sogar einen Totalverlust, einstellen müssen. Das hänge vom weiteren Verlauf des Verfahrens ab. Zu den Aktionären der SVB Financial Group zählen renommierte Finanzdienstleister wie Vanguard (11,2 Prozent), Blackrock (8,0 Prozent), State Street (5,2 Prozent) oder JP Morgan Chase (4,2 Prozent). Allerdings läge ein Großteil der Aktien in ETF- oder Fonds-lösungen, sodass die Folgen für die genannten Institute überschaubar bleiben dürften. sagte er mit Blick auf entsprechende Medienberichte. Anders als Lehman Brothers, deren Pleite der Hauptauslöser für die Finanzkrise 2008/2009 war, hatte die SVB eine sehr kleine und homogene Kundengruppe von 10 000 Kunden, erläuterte Schickentanz. Weitreichende Verknüpfungen in den Bankensektor bestünden nicht.
Hausgemachte Fehler
Zudem habe die Bankenbranche in den USA und Europa ihre Hausaufgaben seit der Finanzmarktkrise gemacht und sei heute wesentlich strenger reguliert. Anders als bei Lehman Brothers sei der Auslöser für die Svb-pleite nicht ein branchenweites Thema wie der damalige Zusammenbruch des Us-immobilienmarktes mit heftigen Kreditausfällen, sondern hausgemachter Natur.
SVB hat laut Schickentanz seine Kundeneinlagen in den Jahren 2019 bis 2021 verdreifacht, ohne dass das Kreditgeschäft im gleichen Ausmaß zugelegt habe. Daher habe die SVB die überschüssigen Kundengelder im Jahr 2020 in langlaufende Us-staatsanleihen investiert. Anders als in der Bankenbranche üblich habe die SVB das Zinsänderungsrisiko aber nicht abgesichert und deswegen durch den massiven Zinsanstieg der vergangenen zwölf Monate erhebliche Verluste erlitten.