Historische Nacht für deutschen Film
Vier Preise bekommt das Kriegsdrama „Im Westen nichts Neues“– doch der Hauptgewinner des Abends ist der Science-fiction-actionfilm „Everything Everywhere All at Once“.
Von wegen im Westen nichts Neues: Nie zuvor hat ein deutscher Film bei den Oscars in Los Angeles so viel gewonnen wie die Netflix-produktion „Im Westen nichts Neues“. Das zweieinhalbstündige Antikriegsepos von Edward Berger siegte beim wichtigsten Filmpreis der Welt in vier Kategorien. Bei neun Nominierungen holte die Literaturverfilmung in der Nacht zum Montag in Hollywood die Trophäen für Musik, Kamera, Szenenbild und als bester internationaler Film.
„Was ich wahnsinnig schön finde – dass es vier Oscars sind. Das ist natürlich mehr als wir uns je erhofft haben. Wir haben mit einem gehofft“, sagt Regisseur Berger nach der Oscar-gala.
Die Auszeichnung als bester Film verpasste „Im Westen nichts Neues“allerdings – erstmals war überhaupt ein deutscher Film in dieser Kategorie nominiert. Die Auszeichnung ging an „Everything Everywhere All at Once“. Der Science-fiction-actionfilm von Daniel Kwan und Daniel Scheinert erzählt von der Betreiberin eines Waschsalons, die sich durch Paralleluniversen kämpft.
Schauspielerin Michelle Yeoh gewann für die Rolle der Waschsalonbetreiberin den Oscar als beste Hauptdarstellerin. In ihrer Dankesrede wandte sie sich an alle Jungen und Mädchen, „die aussehen wie ich und heute Abend zuschauen“: „Das ist ein Signal der Hoffnung und Möglichkeiten“, sagte die 60-jährige Malaysierin. Träume könnten wahr werden. „Und Ladys: Lasst euch von niemandem einreden, eure besten Jahre seien vorbei.“
Der Film „Everything Everywhere All at Once“war mit elf Nominierungen als Favorit ins Rennen gegangen und kam am Ende auf sieben Oscars. Neben dem Regiepreis waren darunter zwei weitere Schauspielpreise: Jamie Lee Curtis wurde als beste Nebendarstellerin geehrt, Ke Huy Quan als bester Nebendarsteller.
Ein Esel auf der Bühne
Schauspieler Brendan Fraser bekam den Oscar als bester Hauptdarsteller. In „The Whale“von Regisseur Darren Aronofsky spielt der 54-Jährige einen stark übergewichtigen Mann, der sich seiner Teenager-tochter wieder annähern will. Der Film wurde auch für das Maskenbild ausgezeichnet.
Die Verleihung der 95. Academy Awards wurde von Jimmy Kimmel moderiert, der während des Abends auch auf den Eklat vom vergangenen Jahr anspielte. „Also wir haben strenge Richtlinien“, verkündete Kimmel zu Beginn des Abends. Wenn diesmal jemand gewalttätig werde – bekomme er den Oscar für den besten Darsteller. Im vergangenen Jahr hatte Hollywoodstar Will Smith den Moderator Chris Rock wegen eines Gags über seine Frau geohrfeigt und wurde dennoch
Für diese Preisträger hat sich die Jury entschieden
„Im Westen nichts Neues“von Edward Berger
Daniel Kwan und Daniel Scheinert für „Everything Everywhere All at Once“
Hauptdarsteller:
Nebendarsteller: Ke Huy Quan in „Everything Everywhere All at Once“
James Friend für „Im Westen nichts Neues“
Daniel Kwan und Daniel Scheinert für „Everything Everywhere All at Once“
Schnitt: Paul Rogers für „Everything Everywhere All at Once“
Filmmusik: Volker Bertelmann alias Hauschka für „Im Westen nichts Neues“
Song: mit dem Hauptrollenpreis für seine Darstellung im Drama „King Richard“ausgezeichnet.
In diesem Jahr traten unter anderem Rihanna und Lady Gaga auf. Moderator Kimmel stand zwischenzeitlich auch mal mit einem Fallschirm oder einem Esel auf der Bühne – Anspielungen auf die Filme „Top Gun: Maverick“und „The Banshees of Inisherin“.
Mit dem deutschen Beitrag „Im Westen nichts Neues“waren auch die Schauspieler Felix Kammerer, Albrecht Schuch und Daniel Brühl in die USA gereist. Der Film ist beim Streamingdienst Netflix zu sehen. „Wir haben versucht, einen Film über unsere Vergangenheit zu machen, über unsere Verantwortung in Deutschland
Christian M. Goldbeck und Ernestine Hipper für „Im Westen nichts Neues“
Mark Weingarten, James H. Mather, Al Nelson, Chris Burdon und Mark Taylor für „Top Gun: Maverick“
Joe Letteri, Richard Baneham, Eric Saindon und Daniel Barrett für „Avatar: The Way of Water“
Animations-kurzfilm: „The Boy, The Mole, The Fox and the Horse“von Charlie Mackesy und Peter Baynton „Die Elefantenflüsterer“von Kartiki Gonsalves Make-up/frisur: Adrien Morot, Judy Chin und Annemarie Bradley für „The Whale“
Kostümdesign: Ruth Carter für „Black Panther: Wakanda Forever“
„An Irish Goodbye“von Tom Berkeley und Ross White hinsichtlich unserer Vergangenheit“, sagte Regisseur Berger nach der Verleihung. „Und plötzlich, als wir den Film schon fertig hatten, ging es auch um unsere Gegenwart.“Der Film hatte angesichts des Kriegs in der Ukraine besondere Aktualität bekommen.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) gratulierte den Machern. „Es handelt sich um den größten Erfolg, den ein deutscher Film jemals bei den Oscar-auszeichnungen einfahren konnte“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. Die Verfilmung des Romans von Erich Maria Remarque sei durch den Überfall Russlands auf die Ukraine hochaktuell geworden, sagte Hebestreit. „„Im Westen nichts Neues“zeigt auf sehr intensive Weise die Schrecken des Krieges mitten in Europa.“Die Oscars sowie weitere Preise für den Film könnten deswegen auch als „politisches Signal gegen den russischen Angriffskrieg“verstanden werden.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth rechnet mit Auswirkungen auf das internationale Ansehen deutscher Produktionen. „Das wird dem deutschen Film weltweit Beachtung bringen und ihm neue Bedeutung verschaffen“, sagte die Grünen-politikerin in Los Angeles. „Es ist auch der richtige Film zur richtigen Zeit, da er einen Krieg in Europa in all seiner Grausamkeit und Brutalität beleuchtet, der gegenwärtig wieder mitten in Europa tobt, ausgelöst durch Putins verbrecherischen Angriff auf die Ukraine“, sagte Roth.