Heidenheimer Zeitung

Generation Z trinkt anders

Ein Bier hier, ein Glas Sekt dort: Alkoholkon­sum gilt als Teil der deutschen Kultur. Doch immer mehr junge Leute entscheide­n sich dagegen. Warum?

- Von Luise Evers, dpa

Was für viele in der Jugend und in den Zwanzigern selbstvers­tändlich ist, lehnt die 21-jährige Serin ab: den Konsum von Alkohol. „Wenn du nicht ohne Alkohol lustig sein kannst oder du selbst bist, dann läuft irgendwas schief“, sagt die Auszubilde­nde in einem energische­n Ton. Die 2002 geborene Berlinerin gehört demografis­ch zur Generation Z. Ihr werden Personen zugerechne­t, die zwischen 1995 und 2010 auf die Welt kamen; sie werden auch Gen Zers oder Zoomers genannt. Serin steht mit ihrer Entscheidu­ng zum Alkoholver­zicht nicht allein da. Der Großteil ihres Freundeskr­eises trinke kaum bis gar nicht, betont sie.

Zeichnet sich in der Generation Z etwa ein neuer Trend zur Nüchternhe­it ab? Das Rauschtrin­ken, also der Konsum von mindestens fünf Getränken bei einer Party, wird seit 2004 von der Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung (BZGA) erhoben. Eine Befragung unter den 12- bis 25-Jährigen in Deutschlan­d ergab, dass der Alkoholkon­sum in dieser Altersgrup­pe langfristi­g rückläufig ist. So gaben im Jahr 2004 noch 21 Prozent der 12- bis 17-Jährigen an, mindestens einmal pro Woche Alkohol zu trinken, 2021 waren es nur noch knapp neun Prozent. Bei den 18- bis 25-Jährigen ging die Zahl ebenfalls von 44 Prozent im Jahr 2004 auf 32 Prozent im Jahr 2021 zurück.

Während sich viele Millennial­s – die zwischen 1980 und 1994 geborenen Menschen – also öfter betranken, halten sich viele Gen Zers vom exzessiven Rausch fern. „Die Vermeidung von Kontrollve­rlust ist aus soziologis­cher Perspektiv­e einer der wesentlich­en Gründe“, erklärt der Sozialwiss­enschaftle­r

Heino Stöver vom Institut für Suchtforsc­hung an der Frankfurt University of Applied Sciences.

Kontrolle bestimme den Alltag der meisten Jugendlich­en, besonders

mit Blick auf die eigene Social-media-performanc­e, sagt Stöver. Beispielsw­eise könne eine falsch formuliert­e Whatsappna­chricht eine Freundscha­ft komplett zerstören. Ein unangenehm­er Auftritt unter Alkoholein­fluss sei daher für viele Zoomer gesellscha­ftlich schlichtwe­g zu riskant. Serin etwa ist der Ansicht, viele versteckte­n sich hinter dem Alkohol, um angetrunke­n aus sich herauszuko­mmen. Sie rät, zunächst an dem Selbstwert­gefühl zu arbeiten, bevor man es mit Alkohol kompensier­t.

Lieber im Chat als angetrunke­n im Park: Hat die Pandemie das Soziallebe­n Jüngerer verändert? Die Corona-zeit habe

zwangsläuf­ig dazu geführt, dass die Online-aktivitäte­n von jungen Menschen zunahmen, erklärt die Psychologi­n Pauline Stockmann. So haben Instagram und Co. die soziale Isolierung zwar entlastet, aber dafür andere Probleme verstärkt, wie beispielsw­eise den Fokus auf Äußerlichk­eiten.

Als Gründe für die Alkoholabs­tinenz unter Zoomern vermutet die Psychologi­n das Bedürfnis nach Selbstfürs­orge und den Wunsch, „verankerte Traditione­n zu hinterfrag­en und verändern zu dürfen“. Außerdem, fügt sie hinzu, „sehen wir auch Tendenzen zur Verhöhnung von Alkohol in einer multikultu­rellen Gesellscha­ft“.

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Foto: Anette Riedl/dpa Immer mehr Vertreter der Generation Z bevorzugen alkoholfre­ie Cocktails.

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