Bahnhof: So wird derzeit ums Parkhausgelände gerungen
Die Eigentumsverhältnisse am Bahnhof sind kompliziert. Die Stadt und der Unternehmer Wolfgang Wilhelm Reich haben Interesse.
Seit Ende Oktober 2021 ist das Parkhaus am Bahnhof geschlossen, und nach heutigem Stand ist es nicht wahrscheinlich, dass es je wieder öffnen wird. Damals wurden Baumängel am fast 33 Jahre alten Gebäude als Grund für die Schließung genannt. Monatelang kündigte die Betreibergesellschaft Apcoa an, die Schäden zu untersuchen und Optionen zu prüfen, wie sie beseitigt werden könnten. Im Januar kam dann die knappe Mitteilung auf Anfrage der HZ, man könne „hierzu kein Statement in Aussicht stellen“. Ein Grund: Die Eigentümer in diesem Gebäudekomplex könnten sich in den kommenden Monaten verändern.
Im Hintergrund gibt es seit Monaten ein regelrechtes Ringen um die Eigentumsverhältnisse – und die sind kompliziert, weil bei dem Gebäude das Erbbaurecht im Spiel ist und damit die Grundflächen einen anderen Besitzer haben als die darauf gebauten Gebäude.
Parkhaus von der Stadt erbaut
Es gibt zum einen das geschlossene Parkhaus mit seinen 225 Stellplätzen. Es wurde 1990 von der Stadt Heidenheim für rund 7,8 Millionen D-mark gebaut und später im Jahr 2000 an die Apcoa verkauft. Zum Komplex gehört außerdem das Gesicht des Ganzen, das zum Bahnhof hin ausgerichtete zweiteilige Wohnund Geschäftshaus, in dem im Erdgeschoss Läden sind, darüber Arztpraxen und Büros und in den oberen Geschossen Wohnungen. Das Treppenhaus samt Aufzug, das die Wohn- und Büroebenen trennt, gehört jedoch baulich und rechtlich wiederum zum Parkhaus. Das Wohn- und Geschäftshaus
wurde von einem privaten Investor gebaut und gehörte diesem bislang auch.
Grund und Boden in Bahn-besitz
Der gesamte Grund und Boden, auf dem der rund 3000 Quadratmeter Grundfläche umfassende Gebäudekomplex steht, blieb jedoch die ganze Zeit im Besitz der Deutschen Bahn beziehungsweise im Besitz der Bahntochter Aurelis Real Estate Gmbh. Diese wurde 2002 gegründet, um von der Deutschen Bahn solche Immobilien zu übernehmen, die als nicht betriebsnotwendig galten.
Bebaut wurde das Grundstück mithilfe des Erbbaurechts. Dies funktioniert so, dass der Grundstückseigentümer einen Vertrag abschließen kann, der einem sogenannten Erbbauberechtigten das Recht einräumt, das Grundstück gegen Zahlung eines regelmäßigen Erbbauzinses zu nutzen, etwa durch Bebauung. Solche Verträge werden für einen bestimmten Zeitraum geschlossen, der Erbbaunehmer, der beispielsweise ein Gebäude errichtet oder erworben hat, erhält nach Ablauf des Vertrages eine Vergütung. Im Falle des Gebäudekomplexes am Bahnhof ist der Vertrag allerdings noch nicht ausgelaufen.
KK AG kaufte das Gebäude
Hinsichtlich des Wohn- und Geschäftshauses haben sich die Eigentumsverhältnisse bereits geändert: Nach Informationen der HZ hat die Königsbronner Klosterbrauerei AG diesen Gebäudeteil übernommen. In einem Brief an die Mieter beziehen sich die früheren Eigentümer explizit auf die ungeklärte Situation des Parkhauses und versichern, die Mietverhältnisse blieben vom Verkauf unberührt. Dem Vernehmen nach hat der neue Eigentümer sich zumindest auch schon einem Teil der Mieter vorgestellt. Auf eine Anfrage der HZ zu diesem Thema hat der Heidenheimer Geschäftsmann Wolfgang Wilhelm Reich, Vorstand der KK AG, nicht reagiert.
Die Stadt Heidenheim hingegen wurde aktiv, und zwar in dem Moment, in dem sie über einen Kaufvertrag informiert wurde, der mit der Grundstückseigentümerin Aurelis geschlossen werden sollte. Das Unternehmen ist offenbar zum Schluss gekommen, das Grundstück langfristig nicht mehr zu benötigen. Wie bei jedem Grundstücksverkauf auf ihrer Gemarkung wurde die Stadt Heidenheim informiert, da einer Kommune grundsätzlich ein Vorkaufsrecht zusteht. Dieses Recht könne jedoch nicht willkürlich ausgeübt werden, so Stefan Bentele, Sprecher der Heidenheimer Stadtverwaltung. Es müsse vielmehr im öffentlichen Interesse liegen, dass die Stadt oder Gemeinde das Grundstück besitze.
Ein Entwicklungsgrundstück
Nach Ansicht der Stadt liegt das öffentliche Interesse in diesem Fall vor: „Das ist ein Entwicklungsgrundstück für die Stadt“, sagt Bentele. Und das ist eigentlich keine Neuigkeit: Bereits 2017 gab es den Plan der Stadt, eine direkte Anbindung der Innenstadt zum ehemaligen Wcm-gelände zu schaffen, auf dem die neue Duale Hochschule gebaut werden sollte. Der damalige Oberbürgermeister Bernhard Ilg sprach in diesem Zusammenhang davon, dass die Apcoa signalisiert habe, dass das Parkhaus am Bahnhof verkleinert oder sogar aufgegeben werden sollte. Dies würde den Weg frei machen für eine Brücke über die Bahngleise zum neu entstehenden Dhbw-campus.
Außerdem, so Bentele, sei der benachbarte, 1995 eingeweihte Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) durch neue Angebote wie Fernbusreisen oder neu geschaffene Linienbündel an den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit angekommen und müsse erweitert werden. Für beide Vorhaben ist das Parkhausgelände von zentraler Bedeutung.
Bevor die Stadt nun aber mithilfe eines rechtlichen Hebels in ein privates Grundstücksgeschäft eingreift, sei man zunächst in Verhandlungen mit dem potenziellen Käufer getreten, den die Stadt zwar nicht namentlich nennt, der wohl aber auch Wolfgang Wilhelm Reich beziehungsweise eine seiner Gesellschaften ist. Würden diese Verhandlungen im Sinne der Stadt ausfallen, könnte man dann wieder mit der Apcoa über die Zukunft des Parkhauses – oder einen möglichen Abriss – sprechen.