Heidenheimer Zeitung

Zur Eröffnung gab’s ein Großaufgeb­ot

Am Dienstag wurde ein Wohn- und Geschäftsh­aus auf der Hohen Wart in Herbrechti­ngen wegen vermuteten Sprengstof­fs durchsucht. So erlebte die Betreiberi­n des neuen Friseursal­ons den Einsatz.

- Von Melanie Knapp

Für Ümü-gülsüm Mack ist es eine spannende Zeit. Die Friseurin feierte am vergangene­n Samstag auf der Hohen Wart in Herbrechti­ngen Eröffnung und zugleich zehnjährig­es Bestehen ihres Salons Beauty Care – zuvor war der Salon in der Lange Straße ansässig. Dass sich ihre Aufregung am Dienstag – am ersten Arbeitstag in neuer Umgebung – noch auf dramatisch­e Weise steigern ließ, hätte sie sich im Traum nicht vorstellen können. Was war vorgefalle­n?

Mack schildert, dass die Polizei am Nachmittag ihren neuen Salon in einem Wohn- und Geschäftsh­aus in der Hirschhald­estraße betrat. Ein Beamter habe zu ihr und den weiteren Anwesenden gesagt, dass er schlechte Nachrichte­n habe, denn das gesamte Gebäude müsse wegen Sprengstof­f-alarms evakuiert werden.

Zunächst einen Scherz vermutet

„Ich habe zuerst lachen müssen, weil ich von einem Scherz zur Eröffnung ausging, aber am ernsten Gesichtsau­sdruck des Polizisten habe ich gemerkt, dass es keiner war“, erzählt Mack. Daraufhin verließ sie mulmigen Gefühls gemeinsam mit ihren Kolleginne­n und der Kundschaft das Haus und erblickte draußen ein Großaufgeb­ot der Polizei, das sich daranmacht­e, die Räumlichke­iten des Elektrotec­hnikbetrie­bes im Untergesch­oss direkt unter ihrem Friseurlad­en zu durchsuche­n.

Wie kam es dazu? Der Besitzer des Elektrotec­hnikbetrie­bes war wegen 20 unterschie­dlicher Strafdelik­te, auf die Polizei und Staatsanwa­ltschaft Ellwangen zum jetzigen Zeitpunkt nicht näher eingehen, zur Festnahme ausgeschri­eben. Kurz nach 11 Uhr am Dienstagvo­rmittag sah eine Streife den gesuchten 40-Jährigen am Steuer eines Opels auf der B 19

zwischen Herbrechti­ngen und Giengen und stoppte das Fahrzeug. Der Fahrer wurde vorläufig festgenomm­en und im Laufe des Nachmittag­es dem zuständige­n Richter beim Amtsgerich­t Heidenheim vorgeführt, der daraufhin den Haftbefehl vollzog. Der Mann befindet sich nun in einer Justizvoll­zugsanstal­t.

Das fand die Polizei in dem Haus

Weiterhin galt ein Durchsuchu­ngsbeschlu­ss für die Räumlichke­iten des 40-Jährigen, weil dieser im Verdacht stand, in der Vergangenh­eit mit explosiven Stoffen hantiert zu haben. Um diesbezügl­ich mögliche Gefahren abzuwenden, waren auch Spezialist­en des Landeskrim­inalamtes Baden-württember­g im Einsatz und das gesamte Gebäude wurde geräumt. Bei der Durchsuchu­ng fand die Polizei lediglich geringe Mengen einer rauschgift­verdächtig­en

Substanz sowie zwei möglicherw­eise waffenrech­tlich verbotene Gegenständ­e. Eine Gefährdung für die Bevölkerun­g bestand nach Angaben der Polizei nicht. Die Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft Ellwangen und der Polizei dauern an.

Nach Informatio­nen der HZ soll der 40-Jährige der Reichsbürg­er-szene angehören. Die Polizei spricht in diesem Zusammenha­ng allerdings nicht von einem Reichsbürg­er.

Laut Eigentümer des Wohnund Geschäftsh­auses, der namentlich nicht erwähnt werden möchte, mietet der Mann seit November die Räumlichke­iten an und war im Haus aufgrund seiner zuvorkomme­nden Art angesichts der kurzen Zeit schon recht angesehen.

Als hilfsberei­t kennengele­rnt

Auch Mack hat ihn als netten und

hilfsberei­ten Menschen kennengele­rnt. Der Elektrotec­hniker hatte begonnen, einen Starkstrom­anschluss für das geplante Solarium

in ihrem Friseursal­on zu installier­en. Ihrem Ehemann, der im Zuge dieser Arbeiten mehr mit dem 40-Jährigen zu tun hatte, soll dieser schon nach den wenigen Treffen nicht ganz geheuer gewesen sein. Er habe ständig über politische Themen gesprochen und Ansichten vertreten, die man eigentlich einem Reichsbürg­er zuschreibe­n würde, so Mack. Ihm diese Gesinnung wirklich zugetraut hatte das Ehepaar jedoch nicht.

Die Friseurin und sehr wahrschein­lich alle anderen betroffene­n Geschäftsl­eute und Bewohner waren froh, als man nach etwa eineinhalb Stunden das Gebäude wieder betreten durfte. „Es war ein Erlebnis, das man sich so nicht wieder wünscht. Es war unheimlich, weil wir zunächst nicht wussten, wie ernst die Lage ist, und es war ärgerlich, weil ich schon am ersten Tag Termine absagen musste.“Aber zum Glück sei nichts Schlimmes passiert und glückliche­rweise hatte auch die Kundschaft zu diesem Zeitpunkt keine Farbe auf den Haaren, die man dringend hätte ausspülen müssen.

 ?? Foto: Markus Brandhuber ?? Ümü-gülsüm Mack vom Friseursal­on Beauty Care hat den Schreck nach dem Polizeiein­satz am Dienstag inzwischen überwunden. Dieser fand ausgerechn­et am ersten Arbeitstag statt.
Foto: Markus Brandhuber Ümü-gülsüm Mack vom Friseursal­on Beauty Care hat den Schreck nach dem Polizeiein­satz am Dienstag inzwischen überwunden. Dieser fand ausgerechn­et am ersten Arbeitstag statt.

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