Leitzins steigt auf 3,5 Prozent
Die Währungshüter bleiben trotz der Krise im Finanzsektor bei ihrem Kurs – und stellen Finanzhilfen für den Bankensektor in Aussicht.
Ungeachtet der aktuellen Spannungen an den Aktienmärkten hebt die Europäische Zentralbank (EZB) wie erwartet den Leitzins erneut um 0,50 Prozentpunkte an. Dieser liegt damit im Euroraum bei 3,5 Prozent. „Die Inflation ist immer noch zu hoch“, begründete dies Ezb-präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag.
Die Ezb-entscheidung und die für den März angekündigte Neubewertung des weiteren geldpolitischen Kurses waren vor dem Hintergrund der aktuellen Unwuchten an den Aktienmärkten mit besonderer Spannung erwartet worden.
Bankensektor robust
Der EZB-RAT verfolge die Lage an den Finanzmärkten sorgfältig, betonte Lagarde. Der europäische Bankensektor sei robust und in einer deutlich besseren Verfassung als zur Zeit der letzten internationalen Bankenkrise im Jahr 2008. Der Zusammenbruch dreier Us-banken innerhalb weniger Tage und Sorgen um die Schweizer Großbank Credit Suisse hatten europäische Bankaktien zuletzt einbrechen lassen. Die EZB stehe bereit, dem europäischen Finanzwesen – wenn notwendig – Liquidität zur Verfügung zu stellen, erklärte die Notenbankchefin. Vor dem Hintergrund der aktuellen Spannungen verzichtete die EZB immerhin darauf, weitere konkrete Zinsschritte zu nennen. Die Europäische Zentralbank werde bei der Inflationsbekämpfung nicht nachlassen, bevor die angestrebte Zielmarke von zwei Prozent erreicht sei, betonte Lagarde zwar. Doch werde der EZBRAT statt starrer Festlegungen bei der Analyse einen datengetriebenen Ansatz verfolgen, der das aktuelle Geschehen berücksichtigt.
Nach Analyse der EZB hat sich die Inflation in den vergangenen Monaten tendenziell abgeschwächt, aber zu langsam. Im Februar lag die Inflationsrate im gemeinsamen Währungsraum nach einer Schätzung der europäischen Statistikbehörde Eurostat bei 8,5
Prozent nach 8,6 Prozent im Januar. Die EZB erwartet für das Jahr 2023 eine Inflationsrate von 5,3 Prozent, für 2024 von 2,9 Prozent und von 2,1 Prozent in 2025. Der Preisdruck halte an. Die sogenannte Kerninflation, bei der schwankungsanfällige Lebensmittelund Energiepreise ausgenommen sind, werde im laufenden Jahr bei 4,6 Prozent liegen.
Für die Wirtschaft erwartet die Europäische Zentralbank im laufenden Jahr ein Wachstum von einem Prozent. Die aktuellen Entwicklungen seien in den Ausblick noch nicht eingeflossen, erklärte die EZB allerdings. Aus den Reihen der Wirtschaft und von Analysten gab es Beifall für die jüngste Zinsentscheidung. „Es ist richtig, die Leitzinsen weiter zu erhöhen“, sagte etwa der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Helmut Schleweis. Dem heutigen Schritt müssten voraussichtlich noch weitere folgen. Die Inflation erweise sich als hartnäckiger als erwartet. Das dürfe sich nicht weiter verfestigen.
„Trotz der heftigen Marktturbulenzen hat die Europäische Zentralbank heute geliefert. Damit macht die EZB klar, worauf sie weiterhin den Fokus setzt: auf die Inflationsbekämpfung“, erklärte Dz-bank-analyst Christoph Kutt. Angesichts der auch im neuen Jahr historisch hohen Inflationsraten sei das der richtige Schritt.
Der sogenannte Einlagensatz, den Kreditinstitute erhalten, wenn sie Geld bei der EZB parken, steigt nach der Entscheidung des Ezb-rates vom Donnerstag auf 3,00 Prozent. Seit der Kursänderung der Europäischen Zentralbank im Juli profitieren Sparer von steigenden Zinsen für Tagesund Festgeld.