Duell von Trump und Desantis?
Der Ex-präsident könnte bei der Präsidentschaftskandidatur seine möglicherweise bevorstehende Verhaftung nutzen, um in die Rolle des Märtyrers zu schlüpfen.
Die Us-präsidentschaftswahl wirft ihre Schatten voraus. Schon im August wird die erste Fernsehdebatte der republikanischen Kandidaten stattfinden, wenige Monate danach beginnen die Vorwahlen. Inoffiziell hat das Rennen um den Chefsessel im Weißen Haus aber längst begonnen. Politische Experten glauben bereits zu wissen, welche Kandidaten das Rennen machen werden: Favorit bleibt Donald Trump, der im November seine Kandidatur bekannt gab und nun damit rechnet, wegen Schweigegeldzahlungen an seine ehemalige Geliebte Stormy Daniels verhaftet zu werden. Die größte Gefahr für Trump stellt Floridas Gouverneur Ron Desantis dar, der Beratern zufolge bald seinen Hut in den Ring werfen wird.
Glühende Anhänger
Selbst nach dem Aufstand im Kapitol und zahlreichen strafrechtlichen Ermittlungen hält der 76-jährige Trump die besten Karten in der Hand. Er sonnt sich nämlich nach wie vor in der unerschütterlichen Loyalität seiner glühendsten Anhänger. Sollte Trump, wie er auf seiner MedienPlattform Truth Social schrieb, tatsächlich am Dienstag verhaftet werden, wird er sich gegenüber Wählerinnen und Wählern erneut als unschuldiger Märtyrer vermarkten, der deswegen erst recht wiedergewählt werden müsse. Zu öffentlichen Protesten hat er bereits aufgerufen.
Wade Miller, der aus Alabama zur Conservative Political Action Conference (CPAC) nach Washington gereist war, spricht anderen
rechtsgerichteten Republikanern aus der Seele: „Wir werden dem größten Präsidenten in der Geschichte, der strengere Waffengesetze ablehnt, eine Mauer bauen wollte und Richter ernannte, die Abtreibung verboten haben, niemals den Rücken kehren“, so der Kfz-mechaniker. Das Problem für andere Kandidaten: Republikaner wie Miller machen ein knappes Drittel aller Wähler aus, und dagegen anzukämpfen, wagen nur wenige.
Sicher erscheint, dass sich bei den Fernsehdebatten auf keinen Fall wie 2016 ganze 17 Republikaner gegenüberstehen werden, die Trump mit Beleidigungen und spöttischen Spitznamen niedermäht, bis sie schließlich kapitulieren. Daraus scheinen seine ehemaligen Rivalen gelernt zu haben. So wollen weder die Senatoren Ted Cruz und Marco Rubio noch Ohios ehemaliger Gouverneur John Kasich wieder antreten. Ein Senkrechtstarter, den der Trubel um Trump kalt lässt, könnte dem 45. Präsidenten aber gefährlich werden, nämlich Ron Desantis (44).
Als sich der Jurist und Kongressabgeordnete 2018 um das Gouverneursamt in seinem Heimatstaat bewarb, trat er als loyaler Anhänger des amtierenden Präsidenten auf. Als Regierungschef in Florida verfolgte er in seiner ersten Amtsperiode wie auch Trump eine erzkonservative Agenda. Der ehemalige Marineoffizier ging scharf gegen illegale Einwanderer vor, war ein vehementer Gegner von Lockdowns während der Corona-pandemie und profilierte sich als erklärter Gegner jener „Woke“-bewegung, die ethnische, sexistische und soziale Diskriminierung geißelt.
Im vergangenen November belohnten Wähler Desantis mit einem Erdrutschsieg – und nun hat der Gouverneur offenbar Blut geleckt. Denn auch wenn die offizielle Bekanntgabe seiner Kandidatur noch aussteht, läuft die Wahlkampfmaschine bereits auf Hochtouren. Ständig wettert er gegen Präsident Joe Biden und kritisiert dessen Militärhilfe für die Ukraine ebenso wie seine „verschwenderische Ausgabenpolitik“. Mittlerweile zieht er aber auch gegen sein ehemaliges Vorbild Trump zu Felde, den Desantis bezwingen muss, wenn er antreten will.
Klarer Hieb gegen Trumps Chaos
Das bewies kürzlich ein Auftritt in Kalifornien. Seine Regierung in Florida sei im Gegensatz zu der eines gewissen Ex-präsidenten nicht von „Palastintrigen, einem Personalkarussell und ständigem Drama geprägt, sondern funktioniert mit chirurgischer Präzision“, so Desantis. Ein klarer Hieb gegen das Chaos unter Trump, dem seinerseits durchaus bewusst ist, wie gefährlich sein Parteikollege ist und ihn deswegen als „Verräter“beschimpft.
Das Risiko für Trump sehen auch Experten wie Joe Walsh, ein ehemaliger republikanischer Abgeordneter. „Desantis ist eine jüngere, klügere und vor allem berechenbare Version von Trump, und das kommt bei Wählern gut an.“
Für Desantis spricht unter den Republikanern einiges: Vielen Umfragen zufolge befinden sich die beiden Spitzenreiter in einem Kopf-an-kopf-rennen – und das bevor der Gouverneur seine Kandidatur überhaupt bekannt gegeben hat.