Not-kauf soll Beben stoppen
Für die zweitgrößte Schweizer Bank gibt es nach hektischer Suche eine Übernahme-lösung. Es gilt, einen Flächenbrand in der ganzen Branche zu verhindern.
Ein Zusammenbruch der zweitgrößten Schweizer Bank Credit Suisse ist vorerst abgewendet. Die am Sonntagabend verkündete Lösung lautet: Der Schweizer Rivale UBS übernimmt im Rahmen eines Notkaufs den kleineren Konkurrenten, unterstützt mit Liquiditätshilfen der Schweizer Nationalbank. Während die Finanzkrise 2007/2008 auf wertlose Ramschhypotheken basierte, geht es im aktuellen Beben vor allem um das Vertrauen von Kunden und Anlegern.
Warum taumelt die Credit Suisse (CS)?
Die altehrwürdige Bank, Jahrgang 1856, hat sich mit jahrelangem Missmanagement und Risikogeschäften selbst ins Abseits manövriert. Da war die bulgarische Mafia, die 2004 bis 2007 laut Staatsanwaltschaft ungestört Geldwäsche über Cs-konten abwickelte. Da waren 2013 die windigen Geschäfte einer britischen Cs-tochter in Mosambik, wo bei Krediten an Staatsfirmen Millionen verschwanden. Dann gab es zwischen 2016 und 2019 die Bespitzelung eigener Kaderleute, von denen einer in Gangstermanier auf den Straßen Zürichs verfolgt wurde. Und die Bank war jüngst bei den Risikogeschäften des Hedgefonds Archegos und der Greensill-fonds dabei und verlor bei deren Zusammenbruch Millionen. Das Vertrauen in die
CS war also schon gesunken, der Zusammenbruch jüngst der Silicon Valley Bank und die Angst vor einer möglichen weltweiten Bankenkrise hat sie tiefer in den Abwärtsstrudel gerissen.
Warum hat das Management versagt?
Abzocker-mentalität in den Teppich-etagen der Bank macht der „Tages-anzeiger“als einen Grund aus. Die Zeitung hat aus den Geschäftsberichten errechnet, dass die Bank seit 2013 zwar kumuliert 3,2 Milliarden Franken Verlust machte, die Top-manager aber im selben Zeitraum 32 Milliarden Franken (32,2 Milliarden Euro) an Boni einsteckten.
Hätten Behörden früher intervenieren müssen?
Für den Branchendienst Inside Paradeplatz haben die Schweizer Nationalbank, die Finanzaufsicht und die Regierung versagt. Sie hätten der Bank spätestens seit Herbst, als Zweifel an einer Zukunft der Credit Suisse lauter wurden, kritische Fragen stellen müssen, schrieb der Herausgeber Lukas Hässig am Sonntag. Dann hätte das Ruder noch herumgerissen werden können.
Das passierte nicht. „Auf der Brücke der Helvetia hat in den letzten Jahren ein Panik-orchester das Kommando übernommen“, schrieb Hässig. „Dieses schaute monatelang tatenlos zu, wie die Cs-titanic mit voller Fahrt auf den Eisberg zuraste.“
Wie wichtig ist die Credit Suisse? Sie gehört – wie die Deutsche
Bank – zu den 30 systemrelevanten Banken der Welt. Diese Einordnung stammt vom internationalen Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board – FSB), der das internationale Finanzsystem überwacht. Diese Banken sind international vernetzt, weshalb ihr Scheitern andere mitreißen könnte – sie sind „too big to fail“, sprich „zu groß zum Scheitern“. Sie unterliegen besonderen Sicherheitsauflagen. Die CS ist kleiner als ihr Schweizer Rivale, die UBS. Die Bilanzsumme der UBS ist mit umgerechnet rund einer Billion Euro etwas kleiner als die der Deutschen Bank, aber fast doppelt so groß wie die der CS. Der Cs-börsenwert sackte innerhalb eines Jahres um zwei Drittel auf gut 7,4 Milliarden Euro ab, der der UBS ist fast acht mal größer.
Auf der Brücke der Helvetia hat ein Panik-orchester das Kommando übernommen.
Ist die Welt besser gewappnet als in der letzten Finanzkrise?
Um die Branche krisenfester zu machen, wurden die Regularien verschärft. So müssen Banken inzwischen deutlich mehr Eigenkapital vorweisen, mit dem sie in Krisen Verluste abpuffern können. Zudem werden seit 2016 in Europa im Fall der Schieflage eines Instituts zunächst Eigentümer und Gläubiger zur Kasse gebeten. Erst als letztes Mittel geht es an Einlagen von Sparern sowie Gelder aus einem von den Banken finanzierten Krisenfonds. Darin waren zuletzt rund 66 Milliarden Euro.