Liebes Kino,
Quo Vadis?, möchte man Dich in Anlehnung an den Titel eines Deiner berühmtesten Werke fragen. Wohin gehst Du? Wir alle haben während der Pandemie einiges erdulden müssen – viele Bereiche des Alltags waren von den Folgen der Lockdowns betroffen, wie die Gastronomie besonders auch die Unterhaltungsbranche. Und damit sehr stark auch Du. Die Kinosäle waren auch ohne Vorführungen dunkel, Filme wurden langfristig verschoben, Einnahmen der Kinobetreiber landauf, landab brachen weg, doch Kosten blieben. Es waren zwei schwere Jahre für die Lichtspielhäuser, die eigentliche Heimat von Produkten aus vielen Traumfabriken.
Die Produktionsfirmen haben sich relativ rasch damit arrangiert und sind mit ihren Werken auf die diversen Streamingplattformen ausgewichen, um sich so neue Einnahmequellen zu erschließen. So kamen und kommen in jüngerer Zeit die Filme gefühlt immer schneller via Stream ins heimische TV. Leidtragender dabei bist Du, liebes Kino. Denn wenn ein kassenträchtiger Streifen nur drei Wochen nach seinem Kinostart vom Sofa aus zu Hause zu erleben ist, wartet ein Großteil des ansonsten zahlenden Publikums diese Frist einfach ab. Das sorgt für schlecht besetzte Säle, weiterhin wegbrechende Einnahmen bei gleichbleibendem finanziellem Aufwand und letztlich – wenn die wirtschaftliche Situation für die Filmtheater sich weiter verschlechtert – für einen Verlust bei uns allen: Denn Kino ist nach wie vor ein Ereignis. Einen Film mit einer großen, auf das Leinwandgeschehen reagierenden Menge zu sehen, bei riesigem Bild und optimalem Mehrkanalton, ist ein wunderbares Erlebnis, das kein Heimkino zu ersetzen vermag. Das gilt es für alle Filmfreunde zu erkennen.
Aber auch Du, liebes Kino, musst reagieren. Mit Sonderveranstaltungen wird das vielerorts bereits in Angriff genommen – ob Übertragungen von großen Opern oder Rockkonzerten. Große Leinwände sind wichtig, modernste Technik. Das Publikum muss sinnesmäßig überwältigt werden, woran freilich auch die Qualität der Filme ihren Anteil hat. Außergewöhnlich muss es sein, was Du bietest. Dass das nicht einfach zu bewerkstelligen ist, versteht sich. Doch Handeln ist angesagt, nicht aussitzen. Denn eines ist sicher: Filme gehören eigentlich ins Kino.
Aber Du liest das ja eh nicht.