Der Schnellzug der 2. Liga
Im Eiltempo ließ der 1. FC Heidenheim beim 5:2-Heimsieg den KSC hinter sich. Endet die Erfolgsfahrt des nun Tabellenzweiten in der Bundesliga?
Einsteigen und los geht sie die Fahrt! Vielleicht sollten sich die Verantwortlichen der Deutschen Bahn Gedanken darüber machen, ob sie Heidenheim nicht schon bald mit einem Ice-bahnhof versehen müssen. Denn genau so spielt der FCH aktuell im Rennen um den Aufstieg in die erste Bundesliga – wie ein Schnellzug.
Das zeigte die Mannschaft von Cheftrainer Frank Schmidt auch beim 5:2-Erfolg am Freitagabend gegen den Karlsruher SC. Die wichtigsten Voraussetzungen für eine Erfolgsfahrt haben die Heidenheimer Fußballer seit dem Fahrplanwechsel im vergangenen Sommer mit an Bord.
Die Überholspur
Nicht selten bei einer Bahnfahrt mit dem ICE kommt der Frust vor dem Einsteigen. Es dauert auch mal ein halbes Stündchen, bis der Zug so richtig ins Rollen kommt. So war es auch am Freitag in der Voith-arena.
Der FCH hatte in der ersten Halbzeit große Probleme ins Spiel zu kommen und nach Treffern von Leon Jensen (14.) und Mikkel Kaufmann (21.) schien es so, als würde die Heidenheimer Fahrt wegen „technischer Probleme“in der Abwehr komplett ausfallen. „Der KSC war sehr mutig und hatte sehr viel Selbstvertrauen im Gepäck“, sagte Frank Schmidt.
Nach 35 Minuten hatte die Crew an Bord der Heidenheimer Schnellzugs den Defekt gefunden und legte mit Verspätung los. Und wie. Nach einem Hattrick von Tim Kleindienst (38., 45., 49.) trafen Florian Pick (62.) und Kevin Sessa (88.) sehenswert zum 5:2-Heimsieg.
Das Bistro-personal
Frank Schmidt setzte in der zweiten Spielhälfte auf seine Offensive, die dann richtig heiß lief. „Da wurden wir paniert, die haben uns weggemacht“, sagte KSCTrainer Christian Eichner. Die Offensivpower und die Entschlossenheit zeigte der FCH aber nicht erst gegen die Gäste aus Karlsruhe, seit dem 16. Spieltag trifft der eindrucksvoll und häufig.
27 Tore erzielte die beste Offensive der Liga in den vergangenen neun Partien und damit im Durchschnitt dreimal pro Spiel. Und auch für den Punkteschnitt braucht es keine Rechenkünste, bei 50 Punkten nach 25 Partien kommt man schnell auf die starke Ausbeute von zwei Punkten.
Der Zugführer
Die Kapitänsbinde trägt weiter Patrick Mainka. Wie in einem Zug agiert auch bei den Heidenheimern der aktuell wichtigste Mann ganz vorne. Zugführer Tim Kleindienst trifft derzeit eigentlich immer die richtige Entscheidung und mit großer Zuverlässigkeit ins gegnerische Tor. Allein in der Rückrunde erzielte der Führende in der Torschützenliste zehn Treffer. „Dieser Spieler hat in dieser Liga nichts zu suchen, großartig“, sagte Christian Eichner anerkennend in Richtung des Heidenheimer Topstürmers.
Und nicht nur die Anzahl der Tore beeindruckt, sondern auch die Art und Weise, wie sie fallen. Mit viel Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten treibt sich der 27-Jährige nicht nur selbst, sondern auch seine Mitspieler zu Höchstleistungen.
Mit den beiden sehenswerten späten Toren in der ersten Spielhälfte übernahm Kleindienst nicht zum ersten Mal die Rolle des Wachmachers. „Das war eine brutale Energie. Jeder war auf einmal da. Das war so komplett anders – ein anderes Spiel“, sagte er.
Die Mechaniker
Damit der Zug auch auf den Schienen bleibt, braucht es nicht nur den einen ganz vorne, sondern auch viele Arbeiter dahinter. Aus dem starken Kollektiv stach zuletzt Lennard Maloney mit seiner Vielseitigkeit heraus.
In Düsseldorf spielte er als Außenverteidiger, gegen KSC erst im Mittelfeld und nach der Halbzeit dann in der Innenverteidigung. „Ich spiele da, wo der Trainer mich aufstellt“, sagte Maloney und steht dafür stellvertretend für die große Leistungsbereitschaft
der Heidenheimer Profis.
Die Überpünktlichkeit
Würde ein ICE so effizient fahren, wie die Heidenheimer am Freitagabend gespielt hatten, wäre er wohl deutlich vor der geplanten Ankunftszeit am Zielbahnhof. Fünf der acht Schüsse auf das Tor des KSC landeten hinter der Torlinie. „Wir haben heute auch gefühlt mit jedem Schuss ein Tor gemacht“, bilanzierte Tim Kleindienst. „Am Ende steht es 5:2 und die schauen sich an und denken alle: Was ist denn jetzt auf einmal passiert?“Oder für Fahrgäste übersetzt: Warum sind wir denn jetzt schon da?
Wo die Fahrt des Heidenheimer Schnellzugs nach 34 Spieltagen endet, das steht natürlich noch nicht fest. Klar ist: Behält er die aktuelle Fahrtgeschwindigkeit bei, heißt die Endstation wohl 1. Bundesliga.