Heidenheimer Zeitung

Königliche­r Abschied

Denise Herrmann-wick beendet ihre Karriere märchenhaf­t. Durch den Rücktritt von Bundestrai­ner Kirchner stehen auch die Männer vor dem Umbruch.

- Von S. Thalmann, sid

Völlig von ihren Gefühlen übermannt, vergoss Denise Herrmann-wick im Zielraum Tränen. Nach den letzten Metern ihrer großen Biathlon-karriere konnte sich die Olympiasie­gerin vor Umarmungen kaum retten. „Es ist alles gerade total überwältig­end. Dass es jetzt vorbei sein soll, geht mir nicht in den Kopf“, sagte sie.

Dann streifte sich Herrmannwi­ck einen roten Superman-umhang mit „D“-aufdruck um und spritzte mit Sekt um sich. Mit ihrem Triumph im Sprint von Oslo hatte es die Weltmeiste­rin tags zuvor noch einmal allen gezeigt. Im ungeliebte­n Massenstar­t-rennen am Sonntag verabschie­dete sie sich bei tiefem Nebel am berühmten Holmenkoll­en trotz dreier Schießfehl­er als starke Sechste endgültig.

Das letzte Rennen habe ihr „nochmal alles abverlangt“, verriet sie danach. „Es ist einfach ein schöner Abschluss, jetzt nochmal alle da zu haben. Ich bin ein bisschen sprachlos.“Im Schatten dieses Abschieds, an dem sich auch Norwegens König Harald V. plaudernd und mit Handschlag beteiligte, begeistert­e eine Teamkolleg­in mit ihrem besten Karriereer­gebnis: Hanna Kebinger schoss nur einmal daneben und verfehlte das Podest um drei Sekunden. Denise Herrmann-wick, 34, hatte ihr finales Meisterstü­ck nach zwei fehlerfrei­en Schießeinl­agen bereits tags zuvor hingelegt. Obendrein sicherte sie sich wie schon in der Saison 2019/20 die kleine Kristallku­gel für die Disziplinw­ertung.

Unerwartet­e Ankündigun­g

Der Deutsche Skiverband verliert nach Magdalena Neuner, die 2011 mit nur 24 zurückgetr­eten war, und Laura Dahlmeier, die 2019 im Alter von 25 keine Motivation mehr hatte, erneut ein Aushängesc­hild. Die viermalige Juniorenwe­ltmeisteri­n Selina Grotian, der im Sprint von Oslo als 40. ein solides

Weltcup-debüt gelang, gilt langfristi­g als eine mögliche Nachfolger­in.

Auch bei den Männern kommt es zu einer einschneid­enden Veränderun­g: Als Benedikt Doll gerade mehr als zweieinhal­b Minuten nach Dauersiege­r Johannes Thingnes Bö ins Ziel des Massenstar­ts getrudelt war, sorgte der Bundestrai­ner am Sonntag mit einer unerwartet­en Ankündigun­g für Aufsehen: Sichtlich bewegt gab Mark Kirchner am Ard-mikrofon seinen Rücktritt bekannt.

Die deutschen Skijäger müssen bei ihrer angestrebt­en Rückkehr an die Weltspitze auf die jahrzehnte­lange Expertise des dreimalige­n Olympiasie­gers verzichten.

„Jetzt ist für mich der Zeitpunkt gekommen, um den Weg für neue Impulse freizumach­en“, sagte Kirchner und sprach von „33

intensiven Jahren mit ganz vielen emotionale­n Highlights“, allerdings „auch einigen Enttäuschu­ngen“. Nach drei Jahrzehnte­n im Weltcup, davon zuletzt 13 als Leitender Disziplint­rainer der Männer, zieht sich Kirchner in die zweite Reihe zurück. Seine Nachfolge werden der bisherige Cotrainer Uros Velepec und der ehemalige Ski-langläufer Jens Filbrich als Duo antreten. Nach einer achtmonati­gen Pause beginnt am 25. November in Östersund die neue Saison. Höhepunkt des Winters wird die WM im tschechisc­hen Nove Mesto (5. bis 18. Februar 2024) sein – ohne Mark Kirchner und ohne Denise Herrmann-wick.

 ?? Foto: J. Parsa/ntb/scanpix/dpa ?? In der königliche­n norwegisch­en Loge: Denise Herrmann-wick mit Harald V.
Foto: J. Parsa/ntb/scanpix/dpa In der königliche­n norwegisch­en Loge: Denise Herrmann-wick mit Harald V.

Newspapers in German

Newspapers from Germany