Lust am Bau
Manchmal schaffen es Nachrichten, so dicht nebeneinander platziert zu werden, dass man an einem Vergleich nicht vorbeikommt. Da steht dann: Der Kanzler und seine Getreuen halten daran fest, dass ohne eine Erweiterung des Kanzleramtes das Regieren unmöglich wird, weswegen die Ausgabe von 800 Millionen Euro gut investiertes Geld sei. Andererseits lesen wir von einer „Bildungsmilliarde“, die auf 16 Bundesländer verteilt wird.
Das wirkt, vorsichtig ausgedrückt, nicht verhältnismäßig. Und die Exekutive langt nicht nur ein Mal, sondern ständig in den Honigtopf. Der Regierungspersonalbestand wird aufgeblasen, was nicht heißt, dass teure externe Berater verschmäht werden. Der historische Bonn-berlin-kompromiss bleibt teuer, weil die Illusion aufrechterhalten werden muss, am
Rhein gehe es noch um Regierungspolitik. Und in Berlin baut nicht nur das Kanzleramt, sondern viele Ministerien. Kleine Überraschung: Auch das Bundesfinanzministerium will einen Neubau errichten.
Die Welt, die nach der Zeitenwende für alle eine andere geworden ist, hat sich für die Bundesregierung offensichtlich nicht geändert. Da wird munter weiter Geld ausgegeben, das anderswo dringend gebraucht wird. Die Armee muss ausgerüstet werden, wenngleich auch da die Frage geklärt werden muss, was eigentlich aus dem Geld geworden ist, das angeblich in sie gesteckt wurde. Ganz sicher aber wird jeder Cent für Bildung, Kitas, Pflege, Rente und für die Bewältigung der Folgen der Erderwärmung gebraucht. Es sieht dabei nach Gürtelenger-schnallen aus. Deswegen wäre ein Kanzlerbungalow angemessener als ein Kanzleramtsausbau.