Klagen und Preise stoppen Baupläne
Ein neues Pflegeheim samt Ganztags-kita will die Arbeiterwohlfahrt (Awo) in der Weststadt an der Liststraße bauen. Doch ob aus den bereits genehmigten Plänen noch was wird, ist unklar.
Mit diesen Komplikationen hatte der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt nicht gerechnet, als die Verantwortlichen vor drei Jahren die Pläne für ein neues Altenpflegeheim sowie der ersten Ganztags-kita geschmiedet hatten. Die Baugenehmigung vonseiten der Stadt ist erteilt, dennoch ist der Neubau in Verzug. Und zwar gehörig. Denn wäre alles glatt gelaufen, wäre das neue Seniorenheim schon seit einem Jahr in Betrieb, ebenso die Kita mit den längsten Betreuungszeiten der Stadt.
Die Kindertagesstätte sollte den Pflegemitarbeitenden der Awo ebenso zu Verfügung stehen wie anderen berufstätigen Eltern, die aufgrund ihrer Arbeitszeiten ihr Kind bis 20 Uhr oder schon früh morgens ab 6 Uhr in Betreuung geben müssen. Dadurch, so die Idee dahinter, wollte die Awo angesichts der Personalknappheit den Mitarbeitenden gute Rahmenbedingungen schaffen.
Anwohner klagt
Doch im Moment ist unklar, ob trotz Baugenehmigung noch etwas aus den Plänen wird. „Das Leben und die Pandemie haben uns eingeholt“, konstatiert Awokreisvorsitzender Stefan Oetzel. Ein Anwohner klage seit zwei Jahren gegen die Baugenehmigung, die vonseiten der Stadt bereits 2019 erteilt worden sei. Dass sich die Angelegenheit schnell klären lässt, daran hat Oetzel seine Zweifel. Denn das Verwaltungsgericht habe noch nicht einmal einen Termin zur Verhandlung festgesetzt.
Dazu kommt noch eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Bauträger, der den Gebäudekomplex hätte erstellen sollen. Denn die Awo pocht auf die Verträge und damit den Kaufpreis, der vor drei Jahren festgelegt worden sei. „Der Bauträger sagt, dass er zu dem Preis heute nicht mehr bauen könne“, erzählt Oetzel. Die Awo ihrerseits berufe sich
auf die vertraglichen Vereinbarungen. Vor zwei Jahren hatte die Awo einen Investitionsbetrag von neun Millionen Euro genannt.
„Der Kreisverband muss nun überlegen, ob es unter diesen Umständen überhaupt noch Sinn macht, das Projekt zu realisieren, wenn es nun 13 Millionen Euro kosten sollte“, sagt Oetzel. Denn ab einer gewissen finanziellen Grenze sei ein Pflegeheim nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Eine endgültige Entscheidung werde spätestens dann getroffen, wenn das Ergebnis der Rechtsstreitigkeiten vorliege.
Sanierung Loderer-altenzentrum
Das verschleppte Bauprojekt hat auch Auswirkungen auf einen anderen, großen Pflegestandort der Awo: das Eugen-loderer-altenzentrum in der Stadtmitte. Denn
dort stehen Sanierungen an, die die Awo eigentlich nicht im laufenden Betrieb anpacken wollte. Die Idee war, dass die Bewohner der Innenstadt in das neue Pflegeheim an der Liststraße umziehen und dann, wenn gewünscht, in das überholte Loderer-zentrum zurückkehren.
Einbettzimmer verlangt
Das Heim wurde vor 30 Jahren als eines der modernsten im Landkreis eröffnet, entspricht aber heute nicht mehr dem, was die Heimbaupflegeordnung fordert. Unter anderem werden Einzelzimmer verlangt. Wer das nicht umsetzen kann, muss schließen. Im Zuge der Sanierung sollten die Zweibettzimmer laut Oetzel umgebaut werden.
Ob nun das Eugen-lodererzentrum bei laufendem Betrieb
umgebaut wird, was erheblich schwieriger sei, ist im Moment noch nicht entschieden. Denn auch eine andere rechtliche Frage zur Klärung rückt näher. Der gesamte Gebäudekomplex steht auf dem Gelände der früheren Brauerei Neff, deren Nachfolger noch immer Eigentümer des Grundstücks sind. Gebaut wurde auf Grundlage eines so genannten
Erbbaurechtsvertrags, der auf 33 Jahre abgeschlossen war und der im Jahre 2025 ausläuft. „Wir müssen deshalb auch überlegen, wie die rechtliche Nachfolge aussieht“, so Oetzel. Gespräche dazu stünden noch aus, wobei der Awo-kreisvorsitzende optimistisch ist, dass es zu einer Nachfolgeregelung kommen wird.