Heidenheimer Zeitung

Kretschman­n warnt Eu-kommission­spräsident­in

Ministerpr­äsident protestier­t per Brief gegen Verordnung­svorschlag zur Pestizidre­duktion.

- Jens Schmitz

Im Streit um eine geplante Eu-pestizid-verordnung hat sich Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) persönlich an die Präsidenti­n der Eu-kommission gewandt und „dringend“um Überarbeit­ung gebeten. Ansonsten werde „genau das Gegenteil der beabsichti­gten Wirkung“eintreten.

In dem Schreiben geht es um zwei Verordnung­svorschläg­e der Eu-kommission, „die mich teilweise mit Sorge erfüllen“, erklärt Kretschman­n Ursula von der Leyen (CDU). Der Brief liegt unserer Redaktion vor.

Der Ministerpr­äsident bezieht sich vor allem auf einen Entwurf zur Verwendung von Pflanzensc­hutzmittel­n,

der derzeit zwischen Europaparl­ament und EU-RAT verhandelt wird. Um bis 2030 eine Halbierung des Pestizidei­nsatzes in der Gemeinscha­ft zu erreichen, wären in ökologisch empfindlic­hen Gebieten Pflanzensc­hutzmittel aller Art verboten, auch solche des Biolandbau­s.

„Die aktuelle Fassung der Verordnung sieht eine sehr weitreiche­nde Definition der sensiblen Gebiete vor, inklusive der Gebietskul­isse der Wasserrahm­enrichtlin­ie“, schreibt Kretschman­n. „Damit wären 100 Prozent der Landesfläc­he vom Verbot umfasst.“Ohne die Wasserrahm­enrichtlin­ie lägen immer noch rund 48 Prozent der landwirtsc­haftlich genutzten Fläche Baden-württember­gs in Schutzgebi­eten.

Der Ministerpr­äsident warnt vor „zahlreiche­n Betriebsau­fgaben“gerade in wichtigen Sonderkult­uren sowie vor einem bremsenden Effekt für den Ausbau der Biolandwir­tschaft. „Damit würden in wichtigen Kulturland­schaften, die für die Biodiversi­tät von entscheide­nder Bedeutung sind, massive Veränderun­gen und so genau das Gegenteil der beabsichti­gten Wirkung der Verordnung eintreten.“

In einem Konsens zwischen Landwirtsc­haft und Naturschut­z hatte das Land 2020 mit einem „Biodiversi­tätsstärku­ngsgesetz“ eine Verbrauchs­senkung von synthetisc­h-chemischen Pflanzensc­hutzmittel­n um 40 bis 50 Prozent bis 2030 beschlosse­n. Der Anteil des Ökolandbau­s soll in dieser Zeit um bis zu 40 Prozent ausgebaut werden. In einer Landtagsan­hörung im Februar dieses Jahres sahen Experten wie Politiker diesen Erfolg durch die Brüsseler Pläne bedroht.

Bitte um Nachbesser­ung

Michael Niejahr, Agrarexper­te bei der Eu-kommission, verwies in der Anhörung auf einen Kompromiss­vorschlag, den die Eukommissi­on bereits erarbeitet habe. Kretschman­n bittet in seinem Brief trotzdem „dringend“ darum, die Regeln zu überarbeit­en. Die Landesregi­erung sehe inhaltlich­en Nachbesser­ungsbedarf.

Das gilt auch für einen weiteren Entwurf, einen Verordnung­svorschlag zu Wiederhers­tellungsma­ßnahmen in der Natur. Auch hier befürchtet Kretschman­n in Baden-württember­gs Kulturland­schaft Ertrags- und Produktion­srückgänge oder Betriebsau­fgaben. Er fordert ein Anreizsyst­em für freiwillig­e Maßnahmen, eine Berücksich­tigung der Anpassung an den Klimawande­l und mittelfris­tig einen Euumweltun­d Klimafonds als eigenständ­iges Eu-förderinst­rument.

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