Mord im Braunkohlerevier
Die Kölner Kommissare verschlägt es in ein Kaff, das dem Tagebau weichen soll. Spannende Kulisse, doch leider wird wenig daraus gemacht.
Das mittlerweile geräumte Braunkohledorf Lützerath sorgte vor kurzem für Schlagzeilen, als Klimaaktivisten und Polizei hier aufeinanderprallten. Jetzt spielt ein „Tatort“ebenfalls in einem Kaff im rheinischen Braunkohlerevier: Alt-bützenich heißt der fiktive Ort im Film, und eigentlich sollte er dem Tagebau weichen. Doch dann hat sich der verantwortliche Energiekonzern anders entschieden, und das Dorf darf bleiben. Die meisten Bewohner sind im Krimi „Tatort: Abbruchkante“(Sonntag, 20.15 Uhr, ARD) jedoch bereits weggezogen, viele nach Neu-bützenich, wo schicke Eigenheime lockten.
Auch der Arzt Christian Franzen hat sich mit seiner Familie aus Alt-bützenich verkrümelt, sein dortiges Haus steht seitdem leer – und verfällt, so wie das ganze Dorf. Als Franzen bei einem Besuch in seinem alten Heim erschossen wird, haben die Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) einen Fall, der sie aus dem heimischen Köln aufs Land führt.
Dummerweise sind die beiden mit einem von Freddys Oldtimern unterwegs, der prompt versagt, als sie abends wieder nach Hause möchten. Also mieten die beiden ein Zimmer im heruntergekommenen Domizil von Karin Bongartz (Barbara Nüsse). Dort träumt Freddy vom Sauerbraten seiner Frau, den er an diesem Abend verpasst.
Neowestern-atmosphäre
Der von Torsten C. Fischer inszenierte Film bietet viel Neowestern-atmosphäre rund ums verlassene und stellenweise verrottete Dorf. Dort jagen die beiden Sheriffs aus der großen Stadt den Mörder und begreifen schon bald, dass hier nicht nur die Landschaft vom Braunkohletagebau zerrissen ist, sondern desgleichen die ehemalige Dorfgemeinschaft
von Alt-bützenich. Doch die lahme Story um den ermordeten Arzt, der ein Drehbuch des routinierten Autoren-ehepaars Eva Zahn und Volker A. Zahn zugrunde liegt, verbreitet eine einschläfernde Langeweile. Der neue „Tatort“der Kölner Kommissare ist ein ziemlich misslungener Sonntagskrimi über eine Tragödie auf dem Lande, die letzten Endes etwas mit dem Protest von Klimaaktivisten gegen den Abbau von Braunkohle zu tun hat – so viel Parallelen zum Fall Lützerath müssen schon sein.
Zu den ersten Verdächtigen, denen Ballauf und Schenk zu Beginn des Krimis auf den Zahn fühlen, zählen Konrad Baumann (Jörn Hentschel) und seine Frau Martina (Daniela Wutte). Der Grund: Baumann besitzt eine Pis
tole desselben Typs wie die Mordwaffe. Die hatte seine Frau aus Sicherheitsgründen aber ausgerechnet der Pensionswirtin der beiden Kommissare zur Aufbewahrung gegeben. Doch diese kann die Pistole nicht mehr finden,
was sie ebenfalls zu einer Verdächtigen macht.
Zudem soll es in der Ehe des erschossenen und im Dorf wenig beliebten Mediziners gekriselt haben, was seine Frau Betje Franzen (Lou Strenger) in den Fokus der Ermittlungen rückt. Außerdem haben die Ermittler ein Auge auf den jungen Yannik Schnitzler (Leonard Kunz), der als Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes regelmäßig durch Alt-bützenich patrouilliert, sowie auf dessen Großvater Peter Schnitzler, der ein Geheimnis verbirgt. Gespielt wird der alte Herr von dem 81-jährigen Charakterdarsteller Peter Franke, der seit bald 50 Jahren vor der Kamera steht und dessen großes schauspielerisches Können der einzige Lichtblick in diesem schwachen „Tatort“ist.