Charles kommt erstmals als König nach Deutschland
Schon dutzende Mal war er als Thronfolger hier. Dass der oberste Royal jetzt noch vor seiner Krönung einen offiziellen Besuch einplant, sagt einiges aus.
Eines der bekanntesten Bilder, das Charles in Deutschland zeigt, stammt aus einer Berliner Plattenbauwohnung. Darauf: Topfpflanzen auf der Fensterbank, Spitzengardinen darüber und davor ein britischer Royal auf dem Sofa. Im November
1995 besuchte Charles eine Familie im Stadtteil Hellersdorf. Zum Empfang standen
„Mon Chéri“auf dem Tisch, es gab Saft und Rotkäppchen-sekt. Das Foto ist eines von vielen, das den damaligen Thronfolger bei seinen Deutschland-besuchen zeigt. Nun kommt der 74-Jährige erstmals als König Charles III. – den Titel trägt er seit dem Tod seiner Mutter Queen Elizabeth II. am 8. September 2022.
Wenn er in einer Woche mit Ehefrau Queen Camilla vom 29. bis 31. März in Deutschland zum Staatsbesuch erwartet wird, dürften wieder Bilder entstehen, die im Rückblick historisch sein werden. Stationen sind Berlin, Brandenburg und Hamburg, zuvor ist das Paar in Frankreich. Bundespräsident Frank-walter Steinmeier sprach von einer großen Freude: Er wisse die Reise umso mehr zu schätzen, als der König sich entschlossen habe, noch vor seiner Krönung nach Deutschland zu kommen. Diese Zeremonie ist nämlich erst für den 6. Mai in London geplant.
Im Hofbräuhaus getanzt
Dass Auslandsreisen der königlichen Familie interessante Bilder produzieren, lässt sich anhand der letzten Jahrzehnte nachverfolgen. Charles hat schon im Münchner Hofbräuhaus getanzt, einen Hahn im Arm gehalten, die Ostseeinsel Vilm kennengelernt, die Berliner Museumsinsel besucht und in Brandenburg einen Geburtstag verbracht.
Nach Angaben der britischen Botschaft war Charles rund 30mal offiziell in Deutschland, hinzu kamen private Besuche. Schon im April 1962, als 13-Jähriger, begleitete er seinen Vater Prinz Philip nach Frankfurt am Main, um von dort aus Verwandtschaft zu besuchen. Sie hatten den Flug damals mit einer viermotorigen Privatmaschine der Königin zurückgelegt.
Das Verhältnis des Königs zu Deutschland ist eng, wie auch seine Biografin Catherine Mayer betont. So zeige Charles viel Interesse an Homöopathie, die aus Deutschland nach Großbritannien kam, sowie an der Balance
von menschlicher Gesundheit und Natur – Stichwort Trimmdich-pfade – und deutschen Philosophen. „Die Vorstellung, draußen in der Natur zu sein, die Vorstellung, dass das wichtig für die Seele und den Geist ist, das sind wahrhaftig keine britischen Ideen“, sagt Mayer. „Charles hat sich auf eine Weise mit der deutschen Kultur auseinandergesetzt, wie es vermutlich wenige seiner Landsleute getan haben.“
Nicht zuletzt hat die Royal Family auch deutsche Wurzeln: So stammt die väterliche Linie vom Haus Battenberg ab. Die britischen Verwandten anglisierten 1917 wegen der Feindschaft zu Deutschland im Ersten Weltkrieg den Namen zu Mountbatten.
Charles ist durchaus sprachgewandt. Zum Volkstrauertag 2020 sprach er anfangs im Bundestag auf Deutsch und ging dann auf Englisch auf die Geschichte Berlins
ein. Die Stadt erinnere daran, dass die „Schicksale aller Europäer“seit Jahrhunderten verflochten seien. Charles beschwor die Partnerschaft zwischen Großbritannien und Deutschland.
Die Wahl seiner ersten Auslandsreiseziele Frankreich und Deutschland gilt als starkes Zeichen. Wobei Mayer betont, dass für die Auswahl die britische Regierung zuständig sei. Premierminister Rishi Sunak will die Beziehungen zur EU verbessern, die nach dem Brexit und unter Ex-regierungschef Boris Johnson gelitten hatten.
Charles soll erneut eine Rede im Bundestag halten und sich in Berlin außerdem mit Geflüchteten aus der Ukraine treffen. In Brandenburg wollen er und Steinmeier Soldatinnen und Soldaten einer deutsch-britischen Militäreinheit besuchen. In Hamburg sind ein Besuch am Mahnmal der St.-nikolai-kirche, die vor 80 Jahren von alliierten Bombern zerstört wurde, und ein Besuch des Hafens vorgesehen, um sich über den Einsatz klimafreundlicher Technologien zu informieren – ein Steckenpferd des „grünen Königs“.