Heidenheimer Zeitung

Kreisläufe der Natur entdecken

Auf dem Moldenberg in Schnaithei­m hat vor wenigen Tagen der Bau eines Jurtenkind­ergartens begonnen. Im September soll er in Betrieb gehen.

- Von Michael Brendel

Viele Eltern suchen gerade händeringe­nd nach Betreuungs­plätzen für ihre Kinder. Gleichzeit­ig mangelt es in zahlreiche­n Kindergärt­en und Kitas an Personal. Besondere Aufmerksam­keit wird deshalb jedem neuen Angebot zuteil. Ein solches gibt es in wenigen Monaten auf dem Moldenberg in Schnaithei­m.

Nördlich der Fußballplä­tze entsteht dort ein sogenannte­r Jurtenkind­ergarten. Er trägt seinen Namen aufgrund der einem traditione­llen Nomadenzel­t nachempfun­denen Form. Was den genauen Aufbau anlangt, ist der Name Programm: Hersteller ist die Firma Living Circles aus Schwäbisch Gmünd, und so wird auch der runde Gruppenrau­m genannt, der sich bei Bedarf um bis zu sechs individuel­le Funktionsb­ereiche erweitern lässt.

Vor Ort ist aktuell zu verfolgen, was Living-circles-geschäftsf­ührer Krishna Saraswati im Mai vergangene­n Jahres dem Gemeindera­t in Aussicht stellte: eine Einrichtun­g, die die Lücke zwischen einem klassische­n Hauskinder­garten und einem Waldkinder­garten schließt.

Platz für 20 Kinder

Die Eröffnung ist für September 2023 vorgesehen, und ab dann sollen in einer Gruppe 20 Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren von 7.30 bis 13.30 Uhr betreut werden. Zwei der drei Stellen für pädagogisc­he Fachkräfte sind bereits besetzt, eine ist noch offen.

Laut Angela Montesano, der Leiterin des Jurtenkind­ergartens, sind die Bewerbunge­n für Einrichtun­gen dieses speziellen Zuschnitts gewöhnlich breiter gefächert: „Die Tätigkeit ist interessan­t für Menschen mit ausgeprägt­er handwerkli­cher Begabung und Naturerfah­rung, und

auch Quereinste­iger sind denkbar.“

Die 46-Jährige bringt die berufliche Erfahrung aus 15 Jahren in einem klassische­n Kindergart­en mit und sieht der neuen Aufgabe mit großer Erwartung entgegen: „Ich bin voller Vorfreude, denn in einem Kindergart­en mitten in der Natur sind alle viel entspannte­r und weniger gestresst. Der Lärmpegel ist geringer, also muss niemand gegen andere anschreien, man kann viel leiser reden.“

Die Sozialpäda­gogin Carolin Berchtold (37), die ebenfalls zum Team gehört, beschreibt den künftigen Alltag: „Natur entdecken, forschen, spüren, erfahren.“Die Kinder sollen die Jahreszeit­en unmittelba­r erleben und Kreisläufe erkennen.

Zum Händewasch­en steht ein Krug mit Wasser bereit. Damit soll verdeutlic­ht werden, dass es sich um eine endliche Ressource handelt, die nicht immer und überall aus einem Wasserhahn sprudelt. Um es warm zu bekommen, wird nicht einfach eine Heizung aufgedreht, sondern mit Hilfe der Kinder ein Pelletofen gefüttert. Und die Pflege eines kleinen Gartens veranschau­licht, was

erforderli­ch ist, um später Lebensmitt­el ernten zu können.

Wenige klassische Spielsache­n

Da die Kinder voraussich­tlich einen Großteil der Zeit im Freien verbringen, werden sie sich vorwiegend nicht mit klassische­n Spielsache­n beschäftig­en. „Sie sollen sich mit Begeisteru­ng ihre eigenen Geschichte­n erschaffen“, sagt Berchtold, „und wir haben zum Beispiel schon eine Vorstellun­g, wo Tipis aus Holz gebaut werden könnten.“

Bei alldem will Montesano den Jungen und Mädchen wertschätz­end und auf Augenhöhe begegnen: „Es gibt einen Kinderrat, mit dem man viele Dinge bespricht, und wenn sie sehen, dass ihre Vorschläge aufgenomme­n werden, dann ist das natürlich förderlich für die intrinsisc­he Motivation.“

Heimisches Holz

Das pädagogisc­he Konzept entspricht der Architektu­r; besagte Naturkreis­läufe sollen berücksich­tigt und beim Bau umgesetzt werden. Verwendet werden heimisches Holz und sortenrein­e Rohstoffe wie Glas und Edelstahl, die wiederverw­ertet werden können.

Bereits im vergangene­n Oktober wurde die Baugenehmi­gung erteilt. Sie bezieht sich auf eine Gesamtfläc­he von rund 700 Quadratmet­ern. Eine Einfriedun­g wird den Platz um die Jurte abgrenzen, auch zur Richtung Schützenha­us führenden Straße hin.

Da der Vorstand der TSG Schnaithei­m frühzeitig sein Einverstän­dnis mit den Plänen signalisie­rt hat, dürften keine nachbarsch­aftlichen Probleme zu erwarten sein, zumal es im Normalfall keine zeitliche Überlappun­g zwischen dem Sportbetri­eb und den Öffnungsze­iten des Kindergart­ens geben wird.

Toilette ohne Wasserspül­ung

Nach dem Vermessen des Geländes war einer der ersten Schritte das Setzen der Trennbehäl­ter für das Toilettens­ystem, das ohne Wasserspül­ung auskommt. Es folgten die Schraubfun­damente, auf denen das Gebäude ruht. Dadurch kann eine Flächenver­siegelung vermieden werden.

Für die kommenden Wochen sind vorrangig Zimmermann­sarbeiten am Grundgerüs­t des Living Circle geplant. Aus der Lagerhalle in Schwäbisch Gmünd wurden dafür bereits vorgeferti­gte Teile auf die Baustelle geliefert. Parallel dazu laufen Vorarbeite­n für die Elektroins­tallation und das Verlegen der Trinkwasse­rleitung.

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Fotos: Rudi Penk Nördlich der Sportplätz­e auf dem Moldenberg hat der Bau des Jurtenkind­ergartens begonnen.
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Gehören zum Team des Jurtenkind­ergartens: die Leiterin Angela Montesano (links) und die Sozialpäda­gogin Carolin Berchtold.

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