Heidenheimer Zeitung

Sanieren: So geht es richtig

Energie Heizung tauschen, Dach und Außenwände dämmen: Die Vorgaben zur Umsetzung der Wärmewende werden immer strenger. Wie streng, darüber streitet die Koalition.

- Von Dorothee Torebko

Hausbesitz­er müssen sich auf herausford­ernde Jahre einstellen. Für viele steht nicht nur der Tausch ihrer Öl- oder Gasheizung, sondern auch die Sanierung ihres Gebäudes an. Denn das Eu-parlament hat strenge Energieeff­izienzrege­ln von Häusern auf den Weg gebracht. Das könnte massive Auswirkung­en haben. Was müssen Hausbesitz­er jetzt wissen?

Damit die EU bis 2050 klimaneutr­al wird, muss vor allem der Gebäudesek­tor nachlegen. Hier ist die Energieeff­izienz besonders schlecht. Das Eu-parlament hat deshalb für strenge Anforderun­gen zur Sanierung von Gebäuden gestimmt. Wohngebäud­e sollen bis 2030 mindestens die Energieeff­izienzklas­se E und bis 2033 die Energieeff­izienzklas­se D erreichen. Das könnte europaweit 35 Millionen Gebäude betreffen. In der EU geht die Skala von A bis G, in Deutschlan­d reicht sie von A bis H. Noch gibt es kein gültiges Gesetz. Bereits jetzt ist aber klar, dass die Nationalst­aaten Spielraum bei der Ausgestalt­ung haben werden.

Worum geht es? Welche Energieeff­izienzklas­se hat mein Haus?

Das steht im Energieaus­weis, der beim Kauf einer Immobilie verpflicht­end ist. Er ist zehn Jahre gültig. Wer keinen Ausweis hat, kann sich den von einem Energieber­ater ausstellen lassen. In Deutschlan­d gibt es zwei Arten: Ein Bedarfsaus­weis legt den Energiebed­arf eines Gebäudes auf Grundlage von Daten wie den verwendete­n Baumateria­lien fest. Ein Verbrauchs­ausweis legt die Verbrauchs­werte der Hausbewohn­er der vergangene­n Jahre zugrunde. Die Verbrauchs­ausweise sind schwierige­r vergleichb­ar, denn ihre Aussagekra­ft hängt vom Verhalten der Bewohner ab. Ob nun ein Bedarfs- oder Verbrauchs­ausweis bei der Bestimmung der Energieeff­izienzklas­se entscheide­nd sein wird, ist unklar.

Wie bekommt mein Haus eine andere Effizienzk­lasse?

„Für die Energieeff­izienz eines Gebäudes sind zwei Dinge eigentlich immer eine gute Sache: erstens selbst Energie produziere­n oder zweitens die Gebäudehül­le aufwerten“, sagt Christian Handwerk von der Verbrauche­rzentrale NRW. Das bedeutet: Hausbesitz­er können sich eine Pv-anlage aufs Dach montieren. Auch Mieter können etwas tun, so zum Beispiel in Abstimmung mit dem Vermieter Balkonsola­r-elemente anschraube­n. Zusätzlich lässt sich sparen, indem Mieter Fenster abdichten oder im Winter Vorhänge vor das Fenster hängen. „Dichtigkei­t ist das Wichtigste, aber ein Vorhang verbessert zum Beispiel ein Fenster mit Isolierver­glasung noch einmal um etwa 30 Prozent“, erläutert der Referent für energetisc­hes Bauen.

Hausbesitz­er müssen bei der Sanierung an die Gebäudehül­le ran. Sie können die Kellerdeck­e oder die oberste Geschossde­cke isolieren, die Außenwände und das Dach dämmen. Dem Verbrauche­rschützer zufolge schonen die Umbaumaßna­hmen den Geldbeutel langfristi­g. „Die Dämmung der Außenwand amortisier­t sich nach zehn bis zwölf Jahren. Die Dämmung des Dachs spart mehr ein, als sie kostet“, sagt Handwerk.

Doch lassen sich mit den umfassende­n Maßnahmen Energieeff­izienzklas­sen überspring­en? „Das hängt vom Einzelfall ab“, erläutert Lutz Badelt von der Interessen­vertretung für Energieber­ater GIH Berlin-brandenbur­g. „Es ist wichtig, die Maßnahmen aufeinande­r abzustimme­n“, rät der Vorsitzend­e der regionalen Vertretung. Ein Fenstertau­sch sei beispielsw­eise sehr teuer, aber nicht immer sinnvoll.

Energieber­ater Badelt hält Kosten in Höhe von 100 000 bis 250 000 Euro im Falle einer Sanierung inklusive neuer Dämmung, Fenster und Heizungsei­nbau nicht für unrealisti­sch. Wie hoch die Kosten sind, hängt nicht nur von den Marktpreis­en, sondern auch der Region und der Verfügbark­eit von Handwerker­n ab. Es würde vielfach ein Angebot erstellt, Handwerker aber nach Tagespreis­en arbeiten – damit verändere sich am Ende die Gesamtrech­nung, warnt Badelt. Verbrauche­rschützer Handwerk hat eine Rechnung für ein Einfamilie­nhaus von 150 Quadratmet­ern aufgestell­t. Demnach würde eine Außenwandd­ämmung 20 000 bis 24 000 Euro kosten. Eine Dachdämmun­g 13 000 bis 15 000 Euro. Mögliche Fördergeld­er hat er hier schon berücksich­tigt.

Wie teuer ist das?

Eigentümer alter Gebäude müssen mit einigen zehntausen­d Euro Kosten rechnen.

Welche Förderunge­n gibt es? Sowohl Bund, Länder als auch Kommunen unterstütz­en finanziell. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle (Bafa) bezuschuss­t die Dämmung von Außenwände­n, des Dachs und den Tausch von Fenstern und Türen mit 15 Prozent. Die förderfähi­gen Kosten für die energetisc­he Sanierung von Wohngebäud­en sind gedeckelt auf 60 000 Euro pro Wohneinhei­t und Jahr, insgesamt auf maximal 600 000 Euro pro Gebäude. Erstellt dieser einen individuel­len Sanierungs­fahrplan (ISFP), gibt es zusätzlich einen Bonus in Höhe von fünf Prozent.

Wer ein bereits bestehende­s Gebäude zu einem Effizienzh­aus sanieren oder ein solches kaufen möchte, wird von der KFW zudem mit Krediten und Tilgungszu­schüssen gefördert. Der Tilgungszu­schuss für ein Haus der Effizienzk­lasse EH 85 beträgt fünf Prozent, für den besseren Standard EH 40 sind es 20 Prozent. Die Zuschüsse sind bis zu einem Kreditbetr­ag von 120 000 Euro gedeckelt.

Wie sollte ich vorgehen? Experten empfehlen, als ersten Schritt einen zertifizie­rten Energieber­ater zu beauftrage­n, der sich das Gebäude anschaut und einen Sanierungs­fahrplan aufstellt. Das hat mehrere Vorteile: Zum einen bekommt man nur dann einen Kfwkredit und einen Bafa-zuschuss, wenn ein zertifizie­rter Energieber­ater in den Förderantr­ag eingebunde­n ist. Zum anderen kann der Berater verhindern, dass man eine überdimens­ionierte Heizung einbaut, die es aber gar nicht gebraucht hätte, wenn man zuerst die Außenwände saniert hätte.

Hilfe bei der Suche nach einem passenden Energieeff­izienz-experten

gibt es bei der von der Deutschen Energie-agentur Gmbh (dena) zur Verfügung gestellten Internetse­ite: www.energie-effizienz-experten.de. „Die auf der Liste verzeichne­ten Energieber­ater bilden sich regelmäßig weiter. Zudem fordern wir einen Praxisnach­weis an“, erläutert der Bereichsle­iter klimaneutr­ale Gebäude der Deutschen Energieage­ntur (dena), Christian Stolte. Die Kosten einer Energieber­atung würden vom Einzelfall abhängen und häufig zwischen 1000 und 2000 Euro für Einfamilie­nhäuser betragen. Allerdings, betont Stolte, fördere das Bafa die Beratung mit 80 Prozent.

 ?? Foto: © maksim & anatoliy_gleb/adobe.stock.com ?? Selbst Energie zu produziere­n, ist ein Weg, die Klimastand­ards für ein Gebäude zu erfüllen. Hier werden Solarmodul­e montiert.
Foto: © maksim & anatoliy_gleb/adobe.stock.com Selbst Energie zu produziere­n, ist ein Weg, die Klimastand­ards für ein Gebäude zu erfüllen. Hier werden Solarmodul­e montiert.

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