Singender Flügel
Bernd Grill bot eine eindrückliche Matinée am Schwechten-flügel in Königsbronn.
„Solche Veranstaltungen sollte es öfters geben“, so jedenfalls war es von Seiten des etwa dreißigköpfigen Publikums zu vernehmen, als Bernd Grills Vorträge am jüngst restaurierten Schwechten-flügel verklungen waren und man sich danach noch beim kurzen Ständerling im evangelischen Gemeindehaus in Königsbronn austauschte. Die Frage „Hat er das alles auswendig gespielt?“konnte man mit einem eindeutigen „Ja“beantworten, denn wer Bernd Grill kennt, weiß, dass er stets alle seine Programme auswendig vorträgt, und nur im allerseltensten Fall auf Noten zurückgreifen muss.
Klug ausgewähltes Programm
Er wählte sein Soloprogramm klug aus und verzauberte regelrecht durch seine kunstvollen Vorträge die anwesenden Zuhörer. Grill startete mit 13 Stücken
aus Robert Schumanns Kinderszenen op. 15. Aus zweierlei Gründen eine gute Wahl, gleich zu Beginn solch kurze und bekannte Stücke ausgewählt zu haben, denn ganz bestimmt erinnerten sich beim Zuhören einige Anwesende an die eigenen Versuche, „Träumerei“oder „Von fremden
Ländern und Menschen“, zu spielen. Schumanns Stücke passten überhaupt sehr gut zum relativ kleinen Schwechtenflügel, der für Kammermusikwerke hervorragend geeignet ist, dagegen bei vollgriffigen großen Klavierwerken und -konzerten klanglich überfordert wäre.
Bernd Grills Spielweise war feinfühlig, sein Anschlag ungewöhnlich weich. Jeder einzelne Ton gelang in Anschlag, Klangfarbe und Dynamik. Joseph Haydns zwanzigminütige große und letzte von ihm komponierte Klaviersonate Nr. 52 in Es-dur musizierte Grill in ebenfalls äußerster Präzision, die Ecksätze in schnellen Tempi, den Mittelsatz sehr liedhaft, als könne der Flügel singen.
Als Zugabe stellte Bernd Grill eines von zwei Stücken zur Auswahl, nachdem die Matinée offiziell vorbei sei, entweder den bekannten Kopfsatz der Mondscheinsonate von Ludwig van Beethoven oder Claire de Lune von Claude Debussy zu spielen. Gerne gab er nach, als er vom Publikum gebeten wurde, doch beide Stücke vorzutragen, auch fünf Minuten nach zwölf Uhr.