Forscher: Abgaswerte weiter verdächtig hoch
Auswertung von Datenbanken legt nahe, dass verbotene Abschalteinrichtungen verbreitet sind.
Der internationale Umweltforschungsverbund ICCT hat bei einer übergreifenden Analyse von Tests und Studien aus mehreren Jahren einen deutlich zu hohen Abgasausstoß vieler Dieselautos in Europa festgestellt. Anlass der zusammenfassenden „Neubewertung“waren Urteile des Europäischen Gerichtshofes (EUGH) zu den als Thermofenstern bekannten Abschalteinrichtungen – die Abgasreinigung darf demnach nur noch heruntergefahren werden, wenn konkrete Technikschäden und Sicherheitsrisiken drohen.
Trotz der nun geltenden Einschränkungen zeigten nach Darstellung des ICCT gut 85 Prozent der Euro-5- und 77 Prozent der
Euro-6-diesel „verdächtig hohe Emissionen“. In 40 Prozent der Fälle hätten sich sogar „extreme“Werte für gesundheitsschädliche Stickoxide (NOX) ergeben. Die Auslegung der Ergebnisse und die Methode sind aber umstritten.
Die Zahlen basieren nicht auf eigenen Erhebungen, sondern auf einer großen Testdatenbank sowie Zweitauswertungen zu Abgastests von Behörden und Organisationen, die seit 2016 liefen. Ein Jahr zuvor waren die Dieselmanipulationen bei Volkswagen bekanntgeworden.
Laut ICCT decken die Angaben ungefähr 700 000 Autos aus mehreren europäischen Ländern ab. Dabei berücksichtigten die Wissenschaftler unterschiedliche
Messverfahren – größtenteils „Remote Sensing“, also Abgaswerte vorbeifahrender Wagen vom Straßenrand aus, aber auch Tests mit mobilen Messgeräten am Auspuff. Sie setzten die ermittelten Daten dann mit einem selbst definierten Schwellenwert für den jeweiligen Motor- und Fahrzeugtyp in Bezug, „den wir anhand des normalerweise zu erwartenden Abgasreinigungsverhaltens abgeleitet haben“.
Die Interpretation von Abweichungen ergab unter anderem, dass bei Dieseln mit als „extrem“eingestuftem Nox-ausstoß „die Verwendung einer Abschalteinrichtung als fast sicher gelten“könne. Auch etwas weniger erhöhte Werte deuteten auf die „wahrscheinliche Verwendung einer Motorkalibrierungsstrategie hin, die nach den jüngsten Urteilen des EUGH als verbotene Abschalteinrichtung eingestuft werden kann“.
Zur Methodik, die teils als unscharf geltenden Zuordnungen einzelner Autos zu Straßenrandmessungen mit heranzuziehen, erklärte der ICCT, man habe sich intensiv damit beschäftigt zu zeigen, wie diese „trotz einiger Einschränkungen robuste Schätzungen der realen Emissionen einzelner Fahrzeuggruppen liefern können“. Zusammen mit den Daten aus Messungen direkt am Auspuff böten sie eine Grundlage für zusätzliche Nachweise des zu hohen Nox-ausstoßes.