Harmloser Anstrich, extrem rechte Ansichten
Die „Reconquista 21“zielt auf das Anwerben junger Leute – und steht im Fokus der Polizei.
Sie steht seit Monaten im Fokus der Polizei im Südwesten: die rechtsextreme „Reconquista 21“. Die Gruppierung postet in den sozialen Medien Fotos von scheinbar harmlosen Wanderungen junger Menschen, aber auch Fotos von Protestaktionen gegen Ausländer. Das Landesamt für Verfassungsschutz rechnet sie der Identitären Bewegung zu, der in Baden-württemberg etwa 100 Personen angehören. Das Bundesamt für Verfassungsschutz ordnet die Identitäre Bewegung dem rechtsextremen Spektrum zu, bundesweit wurden 2022 etwa 500 Mitglieder und Anhänger gezählt.
Gegen die „Reconquista 21“ermitteln laut Landeskriminalamt (LKA) derzeit mehrere Polizeipräsidien. Wie viele Personen betroffen sind, will ein Lka-sprecher nicht sagen.
Die Aktionen der „Reconquista 21“mit Migrationsbezug gleichen sich: Mal entrollen sie ein Banner auf einer Brücke in Ulm, um auf die ihrer Ansicht nach existierende „tägliche Gewalt illegaler Migranten“aufmerksam zu machen. Mal ziehen sie vor das Inselbad in Stuttgart-untertürkheim, um Stereotype über Migranten zu wiederholen, etwa dass diese „anhaltend deutsche Frauen sexuell belästigen“würden. Ende 2023 wurde eine Rauchpatrone auf der Sporthalle in Albstadt (Zollernalbkreis) gezündet, in die Flüchtlinge einziehen sollten. Auf dem Dach wurde ein Banner entrollt mit der Aufschrift „#Remigration Das Ländle bleibt Deutsch“. Laut einem Polizeisprecher in Reutlingen wird wegen Hausfriedensbruchs ermittelt.
Wanderungen und Wochenenden
Die Aktionen seien meistens nicht justiziabel, sagt der Geschäftsführer des Instituts für Rechtsextremismusforschung an der Universität Tübingen, Rolf Frankenberger. Auf ihrer Instagram-seite seien die Gesichter der Aktivisten meist verpixelt oder bedeckt. Die Schwerpunkte der Gruppe seien in Ulm, Reutlingen, Pforzheim und Stuttgart. Die Gruppierung organisiere auch Wanderungen und „Aktivistenwochenenden“. Dabei nehmen neben ideologischen Schulungen auch Sport- und Kampfsporteinheiten großen Raum ein. Bei vielen Postings werde erst auf den zweiten Blick deutlich, was die Absichten der Gruppe seien, sagt Frankenberger.
Ihm zufolge will die Gruppe junge Leute anwerben. „Mit ihren Aktionen versucht sie, ihre Ideen der Remigration in die Öffentlichkeit zu tragen. Diese sind extrem rechts und deswegen sehr verwandt mit dem, was man beim Verfassungsschutz als Rechtsextremismus bezeichnet. Einzelne Mitglieder kann man als rechtsextrem einstufen.“
Die Gruppe wiederhole im Netz die gleichen Botschaften. „Solche Prozesse können in Gruppen, die sich in der Illegalität bewegen, aber auch zu gewaltbereiten Aktionen führen. Nach dem Motto: Wir übernehmen das Heft des Handelns, wir müssen im Interesse des Volkes tätig werden, weil es sonst niemand macht.“Laut Frankenberger ist die Gruppierung ein baden-württembergisches Phänomen.