Von südlich bis sachlich
Venedig in der Staatsgalerie, Rom überall in der Stadt: Stuttgart blickt dieses Jahr nach Italien. Auch andere Museen im Land haben 2024 Großes vor – in Mannheim wird es sogar epochal.
In Venedig ist 2024 ein Kunstjahr, am 20. April startet die Biennale. Aber selbst dort dürften viele Besucherinnen und Besucher bei Carpaccio und Bellini zuerst an rohes Rindfleisch und pürierte Pfirsiche denken. Im Herbst, wenn auch an der Lagune die Sonnenschirme zusammengeklappt werden, endet das Stuttgarter Kunstjahr mit einer Venedig-ausstellung, die die beiden Namen der Kulinarik entreißt: „Carpaccio, Bellini und die Frührenaissance in Venedig“(15. November 2024 bis 2. März 2025) soll laut Staatsgalerie erstmals in Deutschland Vittore Carpaccio als einzigartigen Chronisten venezianischen Lebens zeigen – neben berühmten Zeitgenossen wie Giovanni Bellini.
Wer sich für große Namen begeistert, darf sich im Stirling-bau derzeit mit einem anderen Italiener trösten (die Modigliani-schau „Moderne Blicke“läuft noch bis 17. März). Aber auch sonst tut sich einiges in den Museen und Ausstellungshäusern der Stadt. Eines
Tübingen zeigt Schätze aus Niederösterreich, Ravensburg einen großen Schweizer.
davon, das Kunstgebäude am Schlossplatz, soll 2024 nach längeren Sanierungsarbeiten wieder voll nutzbar sein. Zur Wiedereröffnung gastiert dort die Staatsgalerie: „Stuttgart sichten“bietet einen Überblick über die Skulpturen und Plastiken aus der Sammlung, neu arrangiert und ergänzt vom Künstler Florian Slotawa (4. April bis 16. Juni).
Ganz muss man die Sehnsucht nach dem Süden aber nicht auf den Museumsherbst verschieben, ein bisschen Italien-neid ist im Kessel schon vorher eingeplant: Zum „Sommer der Künste“(18. Juli 2024 bis 26. Januar 2025) präsentieren sich 18 Preisträgerinnen und Preisträger der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo in verschiedenen Stuttgarter Institutionen und im öffentlichen Raum. Neben Konzerten und Lesungen gehören auch Ausstellungen dazu.
Zu den acht Projektpartnern gehört neben der Staatsgalerie auch das Kunstmuseum Stuttgart. Dort gibt es 2024 bereits die nächste Runde des Sparda-kunstpreises „Kubus“: Diesmal geht es um Zeichnung, ausgewählt für die Ausstellung wurden Thomas Müller, Gabriela Oberkofler und Jürgen Palmtag (9. Mai bis 25. August). Im Herbst folgt eine umfassende Retrospektive der britischen Künstlerin Sarah Morris: „All Systems Fail“(21. September 2024 bis 9. Februar 2025).
Überhaupt geht es international zu in den Museen Badenwürttembergs in diesem Jahr. Wieder nach Italien geht es im Augustinermuseum Freiburg, wo unter dem Titel „Bellissimo!“(18. Mai bis 3. November) Malerei von der Gotik bis zur Renaissance zu sehen ist. Ausgeliehen nicht etwa aus Venedig, sondern aus dem derzeit geschlossenen Lindenaumuseum im thüringischen Altenburg. „Kunstschätze vom Barock bis zur Gegenwart aus Niederösterreich“(23. März bis 15. September) holt die Kunsthalle Tübingen nach Deutschland. Und das Kunstmuseum Ravensburg hat einen berühmten Schweizer in petto: Alberto Giacometti (23. März bis 23. Juni).
In Baden-baden bedient man sich nicht in Italien, man schickt dorthin: Çağla Ilk, Co-direktorin der Staatlichen Kunsthalle, ist zusammen mit dem Theaterregisseur Ersan Mondtag Kuratorin des deutschen Pavillons bei der Biennale in Venedig. Die größeren Ausstellungen passieren in der Kurstadt aber im Museum Frieder Burda, das dieses Jahr 20 Jahre alt wird. Im Ausstellungskalender steht unter anderem die Schau „Impossible“(2. März bis 26. Mai) mit Kunst, die das Unmögliche möglich macht, etwa von Yves Klein, Jeff Wall oder Anish Kapoor.
Dazu passen könnte das nächste Projekt der Kunsthalle Weishaupt in Ulm: „Die Überwindung der Schwerkraft“(10. März bis 29. September) soll einen Überblick über das Werk des Stuttgarter Künstlers Wolfram Ullrich geben, bekannt für scheinbar schwebende Wandobjekte.
Künstlerporträts bei Würth
Noch bekannter sind die Kolleginnen und Kollegen auf den Künstlerporträtfotos aus der Sammlung Platen. Die gehört inzwischen Reinhold Würth und wird in der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall präsentiert (5. Februar bis Sommer), wegen des laufenden Umbaus in einem Nebensaal: Bilder von Stars wie Andy Warhol, Pablo Picasso oder Niki de Saint Phalle
Ganz sachlich, aber epochal wird es zum Jahresende in der Kunsthalle Mannheim mit „Die Neue Sachlichkeit“(22. November 2024 bis 9. März 2025). Das Haus feiert ein außergewöhnliches Jubiläum (vor): Der damalige Kunsthallendirektor Gustav F. Hartlaub gab 1925 mit dem Titel einer Ausstellung einer ganzen neuen Richtung den Namen. Kunstgeschichte wurde nicht nur in Venedig oder Rom geschrieben, auch in Mannheim.