Heidenheimer Zeitung

Zahlen Kassen weiter Globuli?

Kosten für homöopathi­sche Medizin sollten nicht mehr erstattet werden. Doch davon steht im Gesetzentw­urf nichts mehr.

- Hajo Zenker

Bundesgesu­ndheitsmin­is- ter Karl Lauterbach (SPD) ist bei der Homöopathi­e „eingeknick­t“, sagt Jürgen Hohnl, Geschäftsf­ührer des Dachverban­des der Innungskra­nkenkassen. Denn aus dem neuesten Entwurf des Gesundheit­sversorgun­gsstärkung­sgesetzes ist der Passus, nach dem Homöopathi­e keine Kassenleis­tung mehr sein dürfe, verschwund­en. Sie habe die Streichung „von Anfang an für eine Nebelkerze gehalten. Sie sollte von etlichen anderen kritischen Maßnahmen ablenken“, sagt Anne-kathrin Klemm, Vorständin beim Dachverban­d der Betriebskr­ankenkasse­n. Allerdings hält sich der finanziell­e Schmerz in Grenzen. Laut dem Spitzenver­band aller 95 gesetzlich­en Kassen seien 2022 für homöopathi­sche Medizin rund acht Millionen Euro ausgegeben worden – von 48,8 Milliarden Euro für Arzneimitt­el insgesamt.

Es sei eine politische Entscheidu­ng gewesen, Homöopathi­e erstattung­sfähig zu machen. „Wenn der Gesetzgebe­r hieran nun keine Änderungen vornehmen möchte, so nehmen wir das zur Kenntnis“, so Sprecher Florian Lanz. Das Bündnis „Weil’s hilft“sieht das positiv, denn man hatte fast 200 000 Stimmen für eine Petition gesammelt, die die Homöopathi­e als Kassenleis­tung erhalten will. Man habe den Entwurf „mit Zustimmung zur Kenntnis genommen“, wisse aber auch, dass das Gesetz erst einmal verabschie­det werden müsse, so Initiator Stefan Schmidt-troschke.

Ministeriu­m sagt wenig

Der Gesundheit­spolitiker Andrew Ullmann vom Ampel-partner FDP kann nicht beantworte­n, warum der Passus verschwund­en ist. Für ihn sei aber weiter nicht vermittelb­ar, dass in Zeiten knapper Kassen homöopathi­sche Arzneimitt­el erstattet werden.

Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium will sich zum Entwurf nicht konkret äußern und „einzelne Inhalte nicht bestätigen oder dementiere­n“. Der Minister halte „aber an seinem Plan fest, homöopathi­sche Leistungen und Arzneimitt­el als Satzungsle­istungen von Krankenkas­sen auszuschli­eßen. Das wird Thema der weiteren Beratungen – auch im Parlament – sein“, so Sprecher Hanno Kautz.

Für die AOK ist die Homöopathi­e, weil finanziell wenig bedeutsam, „ein Randaspekt“. Wirklich ärgern tut man sich darüber, dass im Gesetzentw­urf steht, dass in Zukunft zwei von drei neuen Medizin-studienplä­tzen über die Kassen bezahlt werden sollen. Für Aok-chefin Carola Reimann zeigt sich „wieder das fatale Muster“, staatliche Aufgaben und Finanzvera­ntwortlich­keiten den Kassen zuzuschieb­en. Für Stefanie Stoff-ahnis, Vorständin des Spitzenver­bandes aller Kassen, ist die Finanzieru­ng von Universitä­ten „eine Kernaufgab­e des Staates“. Auch die Beitragsza­hler zahlten Steuern, damit der Staat dem nachkommen könne. „Wenn sie jetzt auch noch Studienplä­tze finanziere­n müssten, müssten sie doppelt zahlen.“

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