„Dreister Machtmissbrauch“
Bundestagspräsidentin will Abgeordneten-mitarbeiter vom Verfassungsschutz prüfen lassen. Ein Staatsrechtler übt Kritik.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas möchte künftig Geheimdienstinformationen zu Mitarbeitern von Abgeordneten einholen können. Die Union deutet vorsichtig ihre Unterstützung für die Pläne der Spd-politikerin an. Doch der Vorstoß von Bas stößt auch auf Kritik. Er halte eine Abfrage beim Verfassungsschutz „aus mehreren Gründen für hochproblematisch“, sagt der Oldenburger Staatsrechtler Volker Boehme-neßler dieser Zeitung.
Die Bundestagspräsidentin möchte gerne „im Einzelfall auch auf Daten des Verfassungsschutzes zurückgreifen können“und zwar dann, „wenn wir tatsächliche Anhaltspunkte dafür haben, dass jemand aktiv und gezielt auf die Beseitigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung hinarbeitet“. Bas reagiert damit auf Recherchen des Bayerischen Rundfunks, wonach mehr als 100 Mitarbeiter mit Verbindungen in die rechtsextreme Szene für Abgeordnete der AFD arbeiten würden. Derzeit nehme der Bundestag
vor Ausgabe eines Hausausweises Prüfungen in polizeilichen Datenbanken vor – etwa auf Gewaltoder Waffendelikte, erklärt Bas.
Unterstützung aus der Union
Für Boehme-neßler sind die Pläne von Bas „eine krasse Verletzung des fairen und gleichberechtigten Parteienwettbewerbs – und ein dreister Machtmissbrauch“. Der Verfassungsschutz sei kein unabhängiges Gericht, das ein möglichst objektives Urteil abgebe. „Er ist ein Geheimdienst, eine Behörde im Bereich des Innenministeriums. Die oberste Chefin des Bundesverfassungsschutzes ist die Innenministerin“, sagt er. Bereits die Nachfrage beim Verfassungsschutz sei ein Eingriff in die Grundrechte des Mitarbeiters. „Ohne einen konkreten Verdacht gegen den betroffenen Mitarbeiter wäre die Anfrage unverhältnismäßig und verfassungswidrig.“
Denn so problematisch sie auch seien: „Politische Kontakte eines Mitarbeiters in die rechtsextreme Szene wären kein Grund, ein Hausverbot gegen Mitarbeiter zu rechtfertigen“, sagt Boehme-neßler. Ein Hausverbot dürfe nur bei einer konkreten Gefahr für die Arbeit des Parlaments ausgesprochen werden, zum Beispiel weil ein Mitarbeiter Mitglied einer rechtsextremen Terrorvereinigung sei.
Trotz der juristischen Bedenken kann Bas auf die Unterstützung durch die Opposition hoffen. „Bei konkreten Anhaltspunkten, dass ein Abgeordnetenmitarbeiter aktiv auf die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung hinarbeitet, sollten auch Erkenntnisse des Verfassungsschutzes in eine umfassende Lagebewertung miteinbezogen werden können“, erklärt Thorsten Frei auf Nachfrage. Die entsprechenden Verfahren müssten aber sorgfältig und rechtssicher aufgesetzt werden, betont der Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion.