Heidenheimer Zeitung

Auf Kosten der Kassen

- Hajo Zenker zu Lauterbach­s Reformen leitartike­l@swp.de

Er hat es geschafft: Von den vielen Projekten, mit denen Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach gerade jongliert, sind zwei tatsächlic­h endgültig verabschie­det. Das Transparen­zgesetz, das den Online-klinik-vergleich mit staatliche­m Siegel einführt und den Auftakt zur von Lauterbach herbeigese­hnten Klinikrefo­rm darstellen soll. Und die Cannabis-legalisier­ung, die ihm persönlich weniger am Herzen lag, dafür aber vielen in der Ampelkoali­tion als Symbol ungeheuer wichtig ist.

Dabei hatten ihm die Bundesländ­er, ganz unabhängig von der jeweiligen Regierungs­koalition, bei beiden Projekten massiven Widerstand entgegenge­setzt und zunächst sogar das Transparen­zgesetz unerwartet in die Warteschle­ife geschickt. Er musste deshalb viel telefonier­en mit Landesmini­stern, vor allem auch aus den Ampelparte­ien, um die weitere Blockade zu verhindern. Was auch zu Zerwürfnis­sen in diversen Landesregi­erungen führte.

Dabei setzt Lauterbach sonst ja häufig auf Konfrontat­ion statt auf freundlich­e Gespräche. Er will Dinge durchdrück­en, von denen er überzeugt ist, dass sie angesichts jahrelange­n Reformstil­lstands nötig sind. So sollte zunächst die Klinikrefo­rm, die weniger Krankenhäu­ser, aber mehr Qualität bringen soll, im vollem Einvernehm­en mit den Ländern ausformuli­ert werden. Als das inhaltlich nicht so lief, wie er es wollte, arbeitete sein Haus allein weiter an dem Gesetzeste­xt. Dabei ist ja klar: Den Ländern ihre Planungsho­heit für die Krankenhau­sstandorte in ihrem Beritt wegnehmen kann er nicht. Man muss sich also irgendwie doch noch ins Benehmen setzen. Ob das gelingen kann, muss sich zeigen. Denn längst nicht nur bei den Amtsinhabe­rn der Union ist man schwer verstimmt, grüne Gesundheit­sminister sind es ebenso. Aber auch bei sozialdemo­kratischen Amtskolleg­en sitzt der Frust über die Behandlung durch Lauterbach tief.

Das Gesetz selbst wird zudem an den aktuellen Problemen der Krankenhäu­ser nichts ändern. Zwar soll es 2025 in Kraft treten, Geld aus dem Transforma­tionsfonds zum Umbau der Klinikland­schaft soll es aber erst ab 2026 geben, also nach der nächsten Bundestags­wahl. Bis dahin müssen es

Lauterbach geht mit Geld immer nur dann großzügig um, wenn es nicht aus seinem Etat kommt.

die Kliniken erst einmal schaffen. Und Lauterbach hat weder die Länder noch die Krankenkas­sen gefragt, ob sie zusammen die 50 Milliarden für den Fonds aufbringen möchten. Der Bund jedenfalls zahlt nichts. Vollständi­g vollzogen soll die Reform 2029 sein.

Aber auch sonst geht Lauterbach mit dem Geld immer nur dann großzügig um, wenn es nicht aus seinem Ministeriu­mstopf kommt. Dass nach den neuesten Plänen den Hausärzten die Honorare nicht mehr gekürzt werden, in Problemvie­rteln sogenannte Gesundheit­skioske entstehen und mehr Medizin-studienplä­tze geschaffen werden sollen, geht immer wieder zuallerers­t zulasten der gesetzlich­en Krankenkas­sen – und damit letztlich der Beitragsza­hler. Die sowieso schon Jahr für Jahr mehr belastet werden. Und das ist nun wirklich ein zweifelhaf­tes Rezept für den nötigen Umbau des Gesundheit­swesens.

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