„Bis hin zum Blackout“
Die Bedrohungen für Deutschland werden in den kommenden Jahren zunehmen, warnt Armin Schuster (CDU), sächsischer Innenminister und ehemaliger Chef des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Er hat schon jetzt klare Ideen, wie man ihnen begegnen kann.
Was ist in Sachen Bevölkerungsschutz Ihre derzeit größte Sorge: eine neue Pandemie, eine Naturkatastrophe, ein militärischer Angriff oder noch etwas anderes? Armin Schuster:
Wir befinden uns in einer multiplen Gefahrensituation, deshalb keine Entwarnung für irgendein Szenario. Das ist einer der Gründe, weshalb ich schon länger einen nationalen Sicherheitsrat und einen obersten Risikomanager im Kanzleramt fordere. Die nicht-polizeilichen Bedrohungsszenarien werden die Lage in den kommenden Jahrzehnten deutlicher bestimmen als bisher.
Was meinen Sie damit?
Das ist zum einen alles rund um das Thema Klimafolgen: Überschwemmungen und Hitzewellen beispielsweise. Hinzu kommt nun spätestens mit dem Ukrainekrieg die Bedrohung durch einen konventionellen Krieg. Schon länger sehen wir das hybride Szenario: Eine Angriffsmischung aus Cyberattacken bis hin zum Blackout, Desinformation und kleinere analoge Anschläge. Russland praktiziert das, nicht nur in der Ukraine.
Was fordern die Bundesländer?
Wir haben es 2022 klar beziffert: Der Bund muss in den nächsten zehn Jahren insgesamt zehn Milliarden Euro im Bereich ziviler Verteidigung für den Schutz der Bevölkerung ausgeben. Der Bundeskanzler hat eine Zeitenwende eingeläutet, weil er eine neue Lage sieht. Die sehen wir auch. Aber bisher beziehen sich diese Zeitenwende sowie das Sondervermögen nur auf den militärischen Teil. 100 Milliarden für die Bundeswehr – aber null Euro für den Zivilschutz. Das geht nicht.
Wozu ist das ganze Geld nötig?
Es braucht beispielsweise neue zivilschutzfähige Fahrzeuge und Hubschrauber, Warnmittel einschließlich Sirenen, Notstromfähigkeiten auch für Trinkwasseraufbereitung, Schutzräume oder nationale Reserven in der Versorgung. Da sind zehn Milliarden Euro nicht viel.
Und wie kann die Politik die Mentalität hierzulande ändern?
Politik muss die Einsicht gewinnen, dass man mit der Bevölkerung erwachsen sprechen kann. Vielleicht ist der Politiker manchmal erschreckter als die Bürger.