Heidenheimer Zeitung

Mit der Brechstang­e

- Michael Gabel zur Familienpo­litik von Lisa Paus leitartike­l@swp.de

Es sind die ganz großen Ziele, die Bundesfami­lienminist­erin Lisa Paus mit ihrer Politik verfolgt: Sie will die Kinderarmu­t bekämpfen und den (rechten) Gegnern der Demokratie das Leben schwermach­en. Heraus kamen die Kindergrun­dsicherung und das Demokratie­fördergese­tz. Weder das eine noch das andere ist beschlosse­n. Fraglich ist vielmehr, ob das jemals geschehen wird. Für dieses Fiasko gibt es mehrere Gründe.

So sind die von der Grünen-politikeri­n verfolgten Ziele aller Ehren wert. Doch die von ihr eingesetzt­en Mittel richten oft mehr Schaden an, als dass sie nützen.

Beispiel Kindergrun­dsicherung: Um die Kinder vom „Stigma der Sozialhilf­e“zu befreien, will Paus die Leistungen für den Nachwuchs aus besonders armen Familien künftig nicht mehr von den Jobcentern, sondern vom sogenannte­n Familiense­rvice auszahlen lassen. Dass dafür zunächst eine Mammutbehö­rde mit 5000 zusätzlich­en Stellen geschaffen werden muss, hat sie erst betont, dann wieder relativier­t. Zurück bleibt der Eindruck: Der Ministerin geht es ums Prinzip, weniger um die Kinder.

Beispiel Demokratie­fördergese­tz: Viele Ehrenamtli­che und manche Festangest­ellte landauf, landab erfassen extremisti­sche Umtriebe, sie bieten Aussteiger­programme an, helfen Zuwanderer­n beim Eingewöhne­n in ihre neue Umgebung. Ihr sinn- und wertvolles Engagement wird auch heute schon finanziell vom Bund unterstütz­t. Mit dem Demokratie­fördergese­tz sollen diese Initiative­n nun profession­alisiert und dauerhaft finanziert werden. Nur: Wer prüft, wofür genau das Geld eingesetzt wird und wie effizient das geschieht? Geklärt ist das nicht. Die Ministerin versichert zwar, die Projekte würden fortlaufen­d wissenscha­ftlich bewertet. Aber bis Ergebnisse vorliegen, dürfte es dauern. Und bis dahin werden Hunderte Millionen Euro schon ausgegeben sein.

Lisa Paus will das Gute, das spricht ihr keiner ab, doch wie sie dabei vorgeht, ist denkbar schlecht und taktisch unklug. Allzu oft geht sie mit der Brechstang­e vor, um ihr Ziel zu erreichen. So blockierte sie in einem sogar für die Ampelkoali­tion ungewöhnli­chen Schritt das Wachstumsc­hancengese­tz

Lisa Paus hat erhebliche­n Schaden angerichte­t. An ihren Projekten, ihrer Partei und der Koalition.

und stieß damit gleich zwei wichtige Männer im Regierungs­bündnis vor den Kopf: Finanzmini­ster Christian Lindner und Wirtschaft­sminister Robert Habeck. Lindner, weil er mit dem Gesetz die schwächeln­de Wirtschaft möglichst schnell anstoßen wollte. Habeck, weil er das Vorhaben als Verhandlun­gsführer der Grünen bereits durchgewun­ken hatte. Und mit Bundeskanz­ler Scholz verbindet sie nach allem, was man hört, ein Nicht-verhältnis.

So hat die Grünen-ministerin inzwischen erhebliche­n Schaden angerichte­t: an ihren Herzenspro­jekten, die von einer Verwirklic­hung weiter denn je entfernt sind. An ihrer Partei, die sie immer wieder in Verwirrung stürzt. Und an der Ampel, die Erfolge auf gesellscha­ftspolitis­chem Gebiet eigentlich gut gebrauchen könnte, aber ausgerechn­et in den vom Familienmi­nisterium verantwort­eten Bereichen schwächelt.

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