Mit der Brechstange
Es sind die ganz großen Ziele, die Bundesfamilienministerin Lisa Paus mit ihrer Politik verfolgt: Sie will die Kinderarmut bekämpfen und den (rechten) Gegnern der Demokratie das Leben schwermachen. Heraus kamen die Kindergrundsicherung und das Demokratiefördergesetz. Weder das eine noch das andere ist beschlossen. Fraglich ist vielmehr, ob das jemals geschehen wird. Für dieses Fiasko gibt es mehrere Gründe.
So sind die von der Grünen-politikerin verfolgten Ziele aller Ehren wert. Doch die von ihr eingesetzten Mittel richten oft mehr Schaden an, als dass sie nützen.
Beispiel Kindergrundsicherung: Um die Kinder vom „Stigma der Sozialhilfe“zu befreien, will Paus die Leistungen für den Nachwuchs aus besonders armen Familien künftig nicht mehr von den Jobcentern, sondern vom sogenannten Familienservice auszahlen lassen. Dass dafür zunächst eine Mammutbehörde mit 5000 zusätzlichen Stellen geschaffen werden muss, hat sie erst betont, dann wieder relativiert. Zurück bleibt der Eindruck: Der Ministerin geht es ums Prinzip, weniger um die Kinder.
Beispiel Demokratiefördergesetz: Viele Ehrenamtliche und manche Festangestellte landauf, landab erfassen extremistische Umtriebe, sie bieten Aussteigerprogramme an, helfen Zuwanderern beim Eingewöhnen in ihre neue Umgebung. Ihr sinn- und wertvolles Engagement wird auch heute schon finanziell vom Bund unterstützt. Mit dem Demokratiefördergesetz sollen diese Initiativen nun professionalisiert und dauerhaft finanziert werden. Nur: Wer prüft, wofür genau das Geld eingesetzt wird und wie effizient das geschieht? Geklärt ist das nicht. Die Ministerin versichert zwar, die Projekte würden fortlaufend wissenschaftlich bewertet. Aber bis Ergebnisse vorliegen, dürfte es dauern. Und bis dahin werden Hunderte Millionen Euro schon ausgegeben sein.
Lisa Paus will das Gute, das spricht ihr keiner ab, doch wie sie dabei vorgeht, ist denkbar schlecht und taktisch unklug. Allzu oft geht sie mit der Brechstange vor, um ihr Ziel zu erreichen. So blockierte sie in einem sogar für die Ampelkoalition ungewöhnlichen Schritt das Wachstumschancengesetz
Lisa Paus hat erheblichen Schaden angerichtet. An ihren Projekten, ihrer Partei und der Koalition.
und stieß damit gleich zwei wichtige Männer im Regierungsbündnis vor den Kopf: Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck. Lindner, weil er mit dem Gesetz die schwächelnde Wirtschaft möglichst schnell anstoßen wollte. Habeck, weil er das Vorhaben als Verhandlungsführer der Grünen bereits durchgewunken hatte. Und mit Bundeskanzler Scholz verbindet sie nach allem, was man hört, ein Nicht-verhältnis.
So hat die Grünen-ministerin inzwischen erheblichen Schaden angerichtet: an ihren Herzensprojekten, die von einer Verwirklichung weiter denn je entfernt sind. An ihrer Partei, die sie immer wieder in Verwirrung stürzt. Und an der Ampel, die Erfolge auf gesellschaftspolitischem Gebiet eigentlich gut gebrauchen könnte, aber ausgerechnet in den vom Familienministerium verantworteten Bereichen schwächelt.