Liebes Wunder,
der Schlager weiß: Euch gibt es immer wieder. Und der Schlager hat wie immer Recht. Auch auf dem Zanger Berg über Heidenheim, am westlichen Ende des idyllischen Berliner Platzes. Dort gab es einige Wochen lange eine Baustelle, halbseitig wurde die Straße aufgegraben und die Grube sorgfältig umzäunt. Kein Problem, Autos fahren einfach links oder rechts an dem Hindernis vorbei, das klappt auch bei jedem Paketlieferanten, der in zweiter Reihe parkt.
Kein Problem? Diesen Satz kennt die moderne Behördenpanik nicht mehr. Unmittelbar nach Beginn der Baustelle wurde eine Behelfsampel installiert. An der wartete man dann geduldig. Auch die Stadtbusse. Auch wenn weit und breit kein anderes Auto zu sehen war. Nachts, wenn der Schwachsinn gar nicht mehr auszuhalten war, fuhren viele auch bei Rot weiter.
Doch dann ereignete sich dies: Nur wenige Tage später war die Ampel wieder verschwunden. Spurlos. Ein Wunder, zweifelsohne. Der Laie staunt: Haben sich überängstliche Menschen doch noch ein Herz fassen können? Hat der Busbetreiber HVG interveniert?
Wunder soll man nicht erklären, sondern nur bestaunen, und ein Wunder ist es allemal: In einer Welt panischer Vollkaskobeschilderung, nur wenige Kilometer vom Landkreis Göppingen entfernt, in dem man bei einer halbseitigen Baugrube gerne sechs Monate Vollsperrung verordnet – mitten in dieser Neurose rang sich hier jemand zum Glauben an den gesunden Menschenverstand durch, zu einem tapferen Vertrauen in die Fähigkeit von Autofahrenden, hier einfach selbst klarzukommen.
Was sollen wir sagen? Das Vertrauen wurde nicht enttäuscht, es sind keine Totalschäden bekannt geworden und die Menschen bewiesen ihre Meisterschaft, selbstständig ein Hindernis zu umfahren. Dieser Tage ist die Baustelle fertig, und sie hinterlässt nicht nur einige Meter reparierte Infrastruktur, sondern auch ein Stück erneuerte Hoffnung. Vielleicht werden wir uns ja doch nicht zu Tode bürokratisieren. Das wäre wundervoll, nicht? Aber Ihr lest das ja eh wieder nicht.