Stütze des Systems
mehren sich Forderungen, eine wichtige Stütze des iranischen Systems auf die Terrorliste der EU zu setzen: die Revolutionsgarde (Iranian Revolutionary Guard Corps, IRGC). Warum geschieht das nicht?
Bereits 2019 hatten die USA die Organisation auf ihre Terrorliste gesetzt. Hintergrund war, dass die Revolutionsgarde eine entscheidende Rolle bei der Versorgung und Ausbildung irantreuer Milizen im Nahen Osten spielt, etwa der Hisbollah im Libanon oder schiitischen Paramilitärs in Syrien und im Irak. Die Garde stellt nicht nur das zweite militärische Standbein des iranischen Regimes neben der Armee dar, sondern sie ist auch tief in wirtschaftliche Aktivitäten verwickelt.
Bis vor Kurzem wiesen sowohl das Auswärtige Amt als auch das Kanzleramt die Forderung nach einer Listung der IRGC mit dem Verweis darauf zurück, dass es für eine solche Maßnahme entweder ein Urteil oder eine Strafverfolgung in einem Eu-mitgliedstaat wegen terroristischer Aktivitäten brauche. Beide Voraussetzungen seien bislang nicht erfüllt. Außerdem stünden führende Vertreter der IRGC ohnehin bereits auf Sanktionslisten, etwa wegen Menschenrechtsvergehen. Der Iranexperte Ali Fathollah-nejad von der Berliner Denkfabrik Center for Middle East and Global Order sieht darin „eine Reihe von Pseudo-argumenten“. Der Grund für die Ablehnung liege woanders: „Es ist ein Mangel an politischem Willen.“
Genauigkeit vor Schnelligkeit
Dieser Wille scheint sich neuerdings allerdings zu entwickeln. Beim Eu-gipfel in der vergangenen Woche teilte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit, dass ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf die Sachlage in neuem Licht erscheinen lasse: Ein Brandstifter, der in einer Synagoge Feuer legen wollte, hatte laut Urteilsbegründung Verbindung zu staatlichen iranischen Stellen.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) leitete das Urteil zur Prüfung dem Auswärtigen Dienst der Europäischen Union zu und drängt auf ein zügiges Studium der Akten. Allerdings, darauf weisen Diplomaten hin, gehe hier Genauigkeit vor Schnelligkeit. „Das muss wasserdicht sein“, heißt es. Nichts wäre peinlicher, als wenn die IRGC als Terrorgruppe gelistet und vor Gericht erfolgreich dagegen klagen würden.