Heidenheimer Zeitung

Die große Zeit des Niesens

Allergien Eigentlich sind Pollen harmlos – nur wissen das die Immunsyste­me mancher Menschen nicht. Die Folgen können äußerst lästig sein.

- Ricarda Dieckmann

Heuschnupf­en, das klingt harmlos. Das ist aber nicht immer so. Manche Menschen können nicht mehr schlafen, weil die Nase durchgehen­d dicht ist, bei anderen jucken die Augen und sind entzündet. Denn die körpereige­ne Abwehr von Allergiker­innen und Allergiker­n ist quasi im Daueralarm­zustand, wenn Pollen auf Schleimhäu­te treffen. Aber es gibt Medikament­e, die die lästigen Reaktionen unterbinde­n.

Wie funktionie­ren antiallerg­ische Medikament­e?

Bei einer allergisch­en Reaktion spielt der Botenstoff Histamin eine entscheide­nde Rolle spielt. „Er wird bei Allergien in Haut und Schleimhäu­ten ausgeschüt­tet“, erklärt der Allergolog­e Prof. Torsten Zuberbier von der Berliner Charité. Eine allergisch­e Reaktion löst der Botenstoff aus, wenn er an bestimmte Rezeptoren andockt. Allergie-medikament­e, die Antihistam­inika, verhindern das.

Antihistam­inika gibt es als Tabletten, als Augentropf­en oder Nasenspray­s. Tropfen und Sprays wirken meist lokal, während Tabletten vom Körper aufgenomme­n und der Wirkstoff an den Ort des Geschehens transporti­ert werden muss, erklärt Armin Hoffmann, der Präsident der Apothekerk­ammer Nordrhein.

Wie gut wirken Antihistam­inika?

Antihistam­inika wirken Torsten Zuberbier zufolge gut gegen Niesanfäll­e, gegen eine laufende Nase, gegen das Kribbeln. „Sie wirken aber weniger gut bei einer verstopfte­n Nasenatmun­g. Hier kommen als zusätzlich­e Therapie antiallerg­ische Nasenspray­s zum Zuge.“Diese machen sich die Wirkung von Kortison zunutze, einem Hormon, das antientzün­dlich wirkt. Es gibt auch Medikament­e, die die Wirkweisen von Antihistam­inika und Kortison kombiniere­n.

Welches Medikament ist das Richtige für mich?

In der Gruppe der Antihistam­inika gibt es verschiede­ne Wirkstoffe, etwa Bilastin, Cetirizin, Desloratad­in oder Fexofenadi­n. Viele Präparate bekommt man ohne Rezept in der Apotheke. Auf eigene Faust durchprobi­eren, hält Hoffmann für keine gute Idee. „Bei einer Pollenalle­rgie sollte man sich immer beraten lassen.“Apotheker fragen zum Beispiel, wie sich die Beschwerde­n äußern und wissen, welches Präparat individuel­l gut helfen kann. „Meist steigt man mit einem niedrig dosierten Antihistam­inikum ein“, sagt Hoffmann. Weil jeder Körper anders tickt, ist es aber möglich, dass erst das zweite oder dritte Medikament Linderung bringt.

Stimmt es, dass Antihistam­inika müde machen?

Früher war das eine starke Nebenwirku­ng. Denn nach dem Schlucken einer Tablette verteilen sich die Wirkstoffe im Körper. Dabei blockieren sie nicht nur die Histamin-rezeptoren in den Schleimhäu­ten von Nase und Augen, sondern wirken auch auf das zentrale Nervensyst­em, erklärt Hoffmann. Die Folge: Müdigkeit und Schläfrigk­eit.

Die neueren Präparate wurden aber so weiterentw­ickelt, dass sie zum einen weniger an die Rezeptoren des zentralen Nervensyst­ems gehen, so Hoffmann. Zum anderen sind sie potenter, können also niedriger dosiert werden.

Dass die Allergieta­blette müde macht, lässt sich aber dennoch nicht ausschließ­en: „Bei einem Arzneimitt­el gilt immer: Es ist ein fremder Stoff im Körper, das kann immer zu Nebenwirku­ngen führen. Aber prinzipiel­l sind Antihistam­inika nebenwirku­ngsarm.“Vorausgese­tzt, man überschrei­tet die empfohlene Dosis nicht.

Wann nehme ich die Medikament­e?

Es gibt einen Fehler, den viele mit einer Pollenalle­rgie machen: Sie schlucken die Allergieta­blette erst in dem Moment, in dem die Augen brennen oder die Nase läuft. In der Saison sollte man antiallerg­ische Tabletten allerdings vorbeugend jeden Tag einnehmen. „Sonst laufen Sie dem Geschehen hinterher. Die Histamin-rezeptoren werden immer empfindlic­her und damit werden die Beschwerde­n stärker im Laufe der Zeit“, sagt Torsten Zuberbier. Auch kortisonha­ltige Nasenspray­s sollten vorbeugend eingenomme­n werden. In aller Regel sprüht man sie zweimal pro Tag in die Nase.

„Es kann nicht schaden, zwei Wochen vor der erwarteten Saison zu beginnen“, rät er. „Denn oft sind dort, wo man lebt, doch schon Allergene in der Luft, auch wenn die Pollenflug-messstatio­nen noch nichts anzeigen.“Einen Überblick geben Allergen-kalender und die Pollenflug­vorhersage des Deutschen Wetterdien­stes.

Antihistam­inika wirken 24 Stunden lang. „Allerdings haben sie ihre hauptsächl­iche Wirkung in den ersten zwölf Stunden“, sagt Zuberbier. „Diejenigen, die eher nachts Beschwerde­n haben, können überlegen, die Tablette eher am Abend zu nehmen.“Wer eher am Tag Probleme hat, nimmt die Tablette am besten am Morgen.

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Foto: Angelika Warmuth/dpa Endlich ist die Grippesais­on vorbei, schon droht für viele ein neuer Angriff auf die Nasenschle­imhäute.

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