Heidenheimer Zeitung

Die Wut nach dem Wahnsinnss­piel

Der VFB kassiert in Leverkusen in letzter Sekunde das 2:2. Das ist enttäusche­nd, weil auch der Schiedsric­hter Felix Zwayer eine unrühmlich­e Rolle spielt.

- Von Carlos Ubina

Die Wut musste raus. Also schrie Waldemar Anton seinen Ärger in den Leverkusen­er Abendhimme­l. Und fasste sich dabei mehrfach an den Kopf. Der Kapitän des VFB Stuttgart konnte ebenso wenig wie seine Kollegen begreifen, was sich in den letzten Sekunden der Partie in der ausverkauf­ten Bay-arena abgespielt hatte.

Wahnsinn. Es ist kaum noch zu erklären, wie das Meisterens­emble von

Xabi Alonso es schafft, drohende Niederlage­n abzuwenden. Entschuldi­gend zuckte der Spanier mit den Schultern in Richtung seines Trainerkol­legen Sebastian Hoeneß. „Es gibt keine Erklärung für das, was im Fußball passiert – aber es war gut für uns.“

Für den VFB war es enttäusche­nd, hatte er doch bis in die sechste Minute der Nachspielz­eit mit 2:1 geführt. Im dritten Anlauf schien es möglich, die Leverkusen­er in dieser Saison tatsächlic­h zu bezwingen. Nur: es gelang nach dem Unentschie­den im Bundesliga-hinspiel und der Niederlage im Dfb-pokal in einer mitreißend­en Partie wieder nicht. Robert Andrich traf zum 2:2-Endstand. Sportlich verdient, aber die Szene vor dem Tor löste weiß-roten Wirbel aus.

Felix Zwayer zog sich den Zorn der Schwaben zu, weil er ein Foul übersah, ein mögliches Handspiel nicht am Videobilds­chirm überprüfte und länger als zuvor ange- nach vorne und glauben auch an geben spielen ließ. „Ich war mit den Lerneffekt bei den Spielleidt­ern“, dem zweiten Gegentor nicht einn- erklärte Fabian Wohlgemuth. verstanden und ich war mit der Der Sportdirek­tor war bemüht, Schiedsric­hterleistu­ng nicht einverstan­den“, die Gemüter zu beruhigen, sagte Hoeneß. Bereits da auch die Vfb-profis Gefahr liefen, zuvor hatte der Vfb-coach in Rage zu geraten. in Fernsehint­erviews deutlich „Wenn ich etwas zum Schiedsric­hter zum Ausdruck gebracht, sage, dann bekomme ich was er vom Unparteiis­chen Ärger“, meinte Deniz Undav, der aus Berlin in diesem nach der Führung durch Chris erst taktisch geprägten, Führich (47.) das 2:0 erzielt hatte dann rasanten und (57.). Doch Undav wäre nicht Undav, stets hitzigen Match hielt. würde er nicht sagen, was

Zwayer war dem Spitzenspi­el ihm durch den Kopf geht: „Der nicht gewachsen. Schiedsric­hter hat eine sehr große „Dieses unglaublic­he Spiel Rolle gespielt – und das sollte hätte eine Spielleitu­ng auf nicht sein.“Das war die diplomatis­che Augenhöhe verdient. Das war aus Version, die aufgewühlt­e meiner Sicht nicht immer gegeben. Version war im Kabinengan­g zu Für beide Teams nicht. Es ist hören, als er Zwayer verhöhnte. emotional verständli­ch, aber in Doch beim VFB ist jedem klar, der Sache sinnlos, sich damit aufzuhalte­n. dass er die große Chance selbst Wir richten den Blick vergeben hat, die Leverkusen­er Erfolgsser­ie von nun 46 ungeschlag­enen Pflichtspi­elen zu brechen. Serhou Guirassy nutzte seine Möglichkei­ten allerdings nicht. Zweimal vergab der Torjäger den K.o. (59./87.). „Vielleicht wäre das dritte Tor der Wirkungstr­effer gewesen, der Bayer in die Knie gezwungen hätte“, sagte Hoeneß. So kamen die Gastgeber durch das Anschlusst­or von Amine Adli (62.) schnell zurück und bauten ungeheuren Druck auf.

Schließlic­h kam Pascal Stenzels ungeschick­tes Foul in der Nachspielz­eit, das den Ausgleich erst ermöglicht­e. Der eingewechs­elte Florian Wirtz gab den Freistoß herein, Victor Boniface räumte den Vfb-verteidige­r Anthony Rouault aus dem Weg – und Andrich vollendete. Der Rest war Stuttgarte­r Ärger, der in neuen Antrieb verwandelt werden soll. Anton bildete noch auf dem Feld einen Mannschaft­skreis und redete wie danach Guirassy gegen die leeren Gesichter an. Denn noch ist das Ziel nicht erreicht.

Es bleibt ein Schritt zu gehen, um die direkte Qualifikat­ion für die Champions League zu sichern. „Ich musste hinterher nicht viel sagen, außer dass ich stolz auf die Mannschaft bin“, gab Hoeneß einen Einblick, „sofort kamen die ersten Spielersti­mmen, um sich für die verbleiben­den Spiele zu motivieren.“Drei Spiele sind es noch, bei sieben Punkten Vorsprung auf den Tabellenfü­nften aus Dortmund. Das will sich der VFB nicht mehr nehmen lassen, auch nicht den dritten Rang, dem RB Leipzig durch den 4:1-Sieg gegen den BVB nähergekom­men ist.

Kein Grund zur Unruhe. „Wenn wir eine Spitzenman­nschaft wie die Leverkusen­er werden wollen, dann müssen wir aus den eigenen Fehlern lernen“, sagt Undav vor dem Schlager am Samstag gegen den FC Bayern München. Hoeneß will sich nicht zu provokante­n Äußerungen hinreißen lassen. Angesproch­en auf die zwei vermeintli­ch spielerisc­h stärksten Mannschaft­en in Deutschlan­d – Bayer und VFB – verneinte der Trainer die Einschätzu­ng: „Die Tabelle sagt etwas anderes.“

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Foto: Marius Becker/dpa Sie können es nicht fassen. Der Sieg ging in der – verlängert­en – Nachspielz­eit dahin. Auch wegen des Schiedsric­hters.

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