Geständnis aus dem Nichts
Vor 35 Jahren wird in Leonberg bei Stuttgart die Leiche einer jungen Frau aufgefunden. Erst Jahre später kommt heraus, dass die Studentin Opfer eines Verbrechens wurde. Von Tanja Wolter
Als Freunde im Juli 1998 in einem Wohnhaus in Leonberg die Leiche von Anne finden, steht die Polizei vor einem Rätsel. Es finden sich keine Spuren von Gewalt, aber zugleich war die 21-Jährige kerngesund. Ermittler und Mediziner kommen zu dem Schluss, dass sie urplötzlich an Herzversagen gestorben ist und kein Fremdverschulden vorliegt. Doch Jahre später gesteht ein junger Mann in den USA, die Studentin getötet zu haben – aus freien Stücken, ohne dass es irgendwelche Hinweise auf seine Täterschaft gibt.
Ein Verbrechen, das lange unerkannt blieb und nur ans Tageslicht kam, weil der Mörder nicht mehr schweigen konnte: Mit diesem Fall befasst sich die neue Folge des Kriminalpodcasts „Akte Südwest“. Dabei war die Tat in Leonberg nicht das einzige Verbrechen, das auf das Konto des Usamerikaners geht. Sowohl in den USA als auch in Deutschland hat er jahrelang als Spanner und Sexualstraftäter
sein Unwesen getrieben, bis er sich 1993 der Polizei stellte.
In dem Podcast berichtet Redakteurin Tanja Wolter im Gespräch mit Roland Müller, wie es zu der Wende in dem Leonberger Todesfall kam und wie die deutsche Justiz den Täter dann nach weiteren Jahren 1997 in Stuttgart vor Gericht bringen und verurtei- len konnte. Sie hat den Prozess alns Gerichtsreporterin beobachtet. Dass die USA den Mann überhaupt auslieferte, war damals eine echte Überraschung, schließlich handelte es sich um einen amerikanischen Staatsbürger.
Bei der Tat in Leonberg war das frühere Heimkind gerade mal 18 Jahre alt. Doch seine sexuelle Perversion hatte der Amerikaner schon viel früher entwickelt. Bereits als 13-Jähriger zog er als Spanner los, um Mädchen und jungen
Frauen aufzulauern und diese heimlich zu beobachten. Später brach er immer wieder in Häuser ein, um Frauen in sexueller Absicht zu überfallen und zu vergewaltigen. Anne war – nach allem, was man weiß – das einzige Mordopfer des Triebtäters, der nur wenige Jahre in Deutschland lebte. Sein Stiefvater war im Raum Stuttgart bei der Us-armee stationiert.
Für die Angehörigen des Mordopfers muss die Entwicklung besonders dramatisch gewesen sein. Denn sie haben Anne gleich zweimal verloren: 1989, als davon ausgegangen wurde, dass sie eines natürlichen Todes starb, und vier Jahre später, als der Amerikaner sein Geständnis ablegte. Dennoch fanden sie den Mut, die Gerichtsverhandlung in Stuttgart zu verfolgen. Der Bruder des Opfers, ein Rechtsanwalt, vertrat seine Familie sogar selbst als Nebenklägeranwalt
vor Gericht.
Was genau am Tatabend in dem Wohnhaus in Leonberg passiert ist, wie sich der Täter danach verhielt und welchen Eindruck er im Gerichtssaal hinterließ – all das sind Fragen, die der Podcast beantwortet. „Er hat vor Gericht sehr ausführlich ausgesagt, aber völlig emotionslos, wie ein Kühlschrank“, erzählt Tanja Wolter. Thematisiert wird aber auch, was nach seiner Verurteilung in Stuttgart geschehen ist, ob er seine Strafe in Deutschland verbüßt hat und was dann aus ihm geworden ist, als er in die USA zurückkam. Denn dort wurde er offiziell als „sexuell psychopathische Persönlichkeit“eingestuft, was weitere Folgen für ihn hatte.
Info Alle Folgen des Podcasts gibt es kostenfrei unter www.swp.de/akte und überall dort, wo es Podcasts gibt.