Reform für Hochschulen
Die Duale Hochschule ist eine baden-württembergische Besonderheit und gilt als wirtschaftlicher Standortfaktor. Nun soll sie umgebaut werden.
Die Landesregierung von Baden-württemberg plant eine Reihe von Änderungen in der Wissenschaftspolitik. Die Duale Hochschule (DHBW) soll organisatorisch umgebaut werden, Menschen sollen „auf Probe“studieren und Professoren Freisemester nehmen können, um Startups auf die Beine zu helfen. Das geht aus einem Entwurf zur Änderung des Landeshochschulgesetzes (LHG) aus dem Haus von Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) hervor, der dieser Zeitung vorliegt. Das Paket wird aktuell mit dem Koalitionspartner CDU abgestimmt, anschließend ist ein Anhörungsverfahren vorgesehen, dann soll die Reform in den Landtag. Ein Überblick über die wichtigsten Inhalte:
Die 2009 gegründete Duale Hochschule ist eine baden-württembergische Besonderheit. An neun Standorten studieren aktuell rund 34.000 Personen in sehr praxisorientierten Modellen. Bundesweit einzigartig ist nicht nur die Kooperation der staatlichen Hochschule mit rund 9000 Wirtschaftsunternehmen, bei denen die Studenten angestellt sind. Auch die Organisationsstruktur der DHBW gibt es so nirgendwo anders. Nun will Wissenschaftsministerin Olschowski die DHBW umbauen. Von einer „Neustrukturierung der DHBW“ist in dem mehr als 150 Seiten umfassenden Referentenentwurf zur Reform des LHG und anderer Gesetze die Rede. Die regional sehr unterschiedlichen Strukturen und Gremien sollen an die anderer Hochschulen angepasst werden. Zum Beispiel werden die Standorte
Das ist an der DHBW geplant
künftig nach Fakultäten organisiert. Olschowski bestätigte die Pläne im Gespräch mit dieser Zeitung. Sie setze damit auch eine Forderung des Rechnungshofes um. Olschowski sagt: „Bisher hat jeder Dhbw-standort seine eigenen Computerprogramme, jeder Standort rechnet anders ab. Das wollen wir harmonisieren. Für Studierende und Lehrkräfte ändert sich nichts.“
Das Ministerium will den Zugang zu Hochschulen flexibilisieren und vereinfachen. Die Einrichtungen sollen gewisse Hürden senken können. Etwa sollen Hochschulen ausländische Bewerber auch ohne die bisher obligatorischen „erforderlichen Sprachkenntnisse“zulassen können. Künftig könnten Sprachkurse auch später akzeptiert werden. Auch sollen Hochschulen Interessierte mit „ausländischer Vorbildung“, die bisher nicht die Voraussetzungen für eine Studienzulassung erfüllen, künftig akzeptieren können. Neben einer Eignungsprüfung oder einer „hochschulindividuellen Zugangsprüfung“dürfen Hochschulen auch ein Probestudium anbieten – jedoch wohl nur in zulassungsfreien Studiengängen.
Studieren auf Probe
Professoren sollen auch Pädagogische zu berufen ist langwierig Hochschulen Weiterbildungsformate und kompliziert. Bei „exzelanbieten und Dozenten damit lenten“Wissenschaftlern soll das Nebeneinkünfte erzielen dürProzedere künftig vereinfacht fen. Um die Hürden für ein und beschleunigt werden. Künftig Zweitstudium im Bereich Lehramt soll in Einzelfällen der Rektor zu senken, sollen Hochschulen der Hochschule gemeinsam mit Bewerbern die entsprechenden den zuständigen Dekanen über Gebühren erlassen dürfen. eine Postenvergabe entscheidennddie immer noch bestehenden Studiengebühren können. Dies aber nur „in besonderen für Ausländer bleiben Fällen“und bei „Personen, dagegen vorerst – bundesweit deren Exzellenz gutachterlich belegt einzigartig – erhalten. ist“, heißt es im Gesetzentwurf. Die Ministerin hofft, dass eine Berufung so „innerhalb weniger Wochen“entschieden werden kann.
Spitzenforscher verpflichten Start-up-gründung im Freisemester
Die Landesregierung versucht, mit mehreren Maßnahmen Unternehmensgründungen anzuregen. Besonders Start-ups aus Wissenschafts- und Technologiebereichen werden staatlich gefördert. Olschowski will nun Professoren die Möglichkeit geben, die bestehenden Regelungen für ein Freisemester auch zu nutzen, um den Aufbau eines Startups zu unterstützen.
Im Land und bundesweit herrscht Lehrermangel. Baden-württemberg steuert unter anderem mit der Einführung eines dualen Masterstudiums gegen. Das soll Studenten schon früh an Schulen bringen und Praxiserfahrung ermöglichen. Die Lhg-reform schafft die rechtliche Grundlage dafür. Außerdem will Olschowski die Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte ausweiten. Bisher findet die Weiterbildung komplett in Institutionen des Kultusministeriums statt. Unis und Hochschulen sind nur für das Studium zuständig. Künftig
Mehr Lehramt
Die Novelle umfasst auch Regelungen zu „Elektronischen Prüfungen“. Dabei handelt es sich aber um begriffliche Nachschärfungen von Paragrafen, die während der Corona-pandemie recht eilig ins Gesetz kamen. Inzwischen sind Online-formate etabliert, sowohl bei Lehrveranstaltungen als auch bei Prüfungen. Viele Studenten fordern das auch ein.
Regeln zur Digitalisierung
Antisemitismus Weltweit brodelt es infolge des Gaza-konflikts an Hochschulen. In Baden-württemberg ist die Lage laut Olschowski „relativ ruhig“. Es gebe Debatten, auch Konflikte, „aber mit der Situation an Us-unis oder in Berlin ist das nicht vergleichbar“, sagt sie. In Reutlingen habe es einen Vorfall in einem Studierendenwohnheim gegeben, und in Konstanz herrsche etwas Unruhe. Ministerin Olschowski betont: Nahezu alle Hochschulen haben ihre Angebote in der Lehre sowie in Form von Veranstaltungen zum Thema Antisemitismus erweitert.“Auch im Gesetz reagiert sie auf die Lage: Die Reform stellt klar, dass die Antidiskriminierungsstellen der Hochschulen auch bei antisemitischen Vorfällen zuständig sind.