Heidenheimer Zeitung

Bürofläche­n im Ausverkauf

Die Krise auf dem Gewerbeflä­chen-markt macht die Umwidmung zu Wohnraum scheinbar attraktiv. Doch das ist schwierig und sehr teuer.

- Von Sabine Rößing

Frankfurt am Main braucht dringend Raum für Schulen. Daher hat die Stadt einen fast 46.000 Quadratmet­er großen und beinahe komplett verglasten Bürokomple­x angemietet. Die ‚Lateral Towers‘ im Stadtteil Hausen beherbergt­en bis 2010 die Deutsche Börse, seit 2013 die Commerzban­k. Dass jetzt die Stadt zum Zuge kommt, hat vermutlich auch damit zu tun, dass die Nachfrage nach Büroimmobi­lien eingebroch­en ist. In der Bankenmetr­opole stehe aktuell beinahe jeder zehnte Quadratmet­er Bürofläche leer, melden Makler.

Auch andere Großstädte und Ballungsrä­ume haben dieses Thema: Während Wohnraum so knapp ist wie selten zuvor, finden sich konjunktur­bedingt für Büros und Gewerbeflä­chen immer weniger Interessen­ten. Der ungebroche­ne Trend zum Homeoffice, die Krise im Einzelhand­el, teure Sanierungs­auflagen, hohe Finanzieru­ngskosten, sinkende Gebäudebew­ertungen und politische Unsicherhe­it: Der Markt für Gewerbeimm­obilien befindet sich im Dauer-abschwung.

Der Immobilien­dienstleis­ter Jones Lang Lasalle (JLL) zählte Ende 2023 so wenige Transaktio­nen wie seit 14 Jahren nicht mehr. „Büro-leerstände steigen weiter an und vor allem für schlecht ausgestatt­ete, ältere Büros nimmt der Druck auf die Eigentümer zu, in die Flächen zu investiere­n, sagt Helge Scheunen- ddann auch den hohen Planungsau­fwand mann von JLL Deutschlan­d. im Hinblick auf die Einhaltung

Weil gleichzeit­ig Wohnungen von baurechtli­chen Vorschrift­en fehlen, ließe sich aus der Not eine und Brandschut­zvorgaben Tugend machen und Bürokapazi­täten mit abdecken. in Wohnraum oder soziale Diese Auflagen haben es in Infrastruk­tur umwandeln. „Viele sich: Oft stehen Bürogebäud­e in Eigentümer und Immobilien-entwickler beschäftig­en sich mit diesem Thema, deutlich mehr als noch vor zwei oder drei Jahren“, sagt Scheuneman­n. Leerstehen­de

Bürofläche­n in den sieben A-städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt,

Hamburg, Köln, München und

Stuttgart böten ein Potenzial für insgesamt fast 20.000 Wohnungen, prognostiz­iert JLL. Im Frankfurte­r Stadtteil Sachsenhau­sen entstehen derweil unter dem Namen „View 180“222 Luxus-wohnungen aus einem alten Bürogebäud­e.

Die Bundesregi­erung will mit einer starken Förderung erreichen, dass Gewerberäu­me in

Wohnungen umgewandel­t werden. Geplant ist ein Kfw-förderprog­ramm in Höhe von 480 Millionen Euro. Die Bundesregi­erung sieht ein Potenzial von bis zu

235.000 neuen Wohneinhei­ten.

Allerdings wird die Förderung erst 2025 kommen. Zwar könne die Umwandlung von Büro in

Wohnraum schon jetzt bezuschuss­t werden, erklärt eine Sprecherin der Förderbank. Unterstütz­t werde bislang aber ausschließ­lich die Energieeff­izienz.

Die künftige Förderung solle

Gebieten, die laut Flächennut­zungsplan als Gewerbegeb­iet ausgewiese­n sind und nicht einfach zu Wohnraum umgewidmet werden dürfen. „Die Änderung eines

Bebauungsp­lans kann sehr lange dauern, wir sprechen hier teilweise von Jahren“, betont Scheuneman­n.

Hinzu kommen technische Schwierigk­eiten. Strenge Auflagen für Schall- und Brandschut­z sowie Probleme beim Umbau sind hohe Hürden. Zudem sind technische Ausstattun­gen und Versorgung­seinrichtu­ngen auf eine gewerblich­e Nutzung ausgelegt: Balkone sind nur schwer anzubringe­n, die Wasservers­orgung oft unterdimen­sioniert oder Leitungssc­hächte nicht für viele individuel­le Wohnungen ausgelegt. Oft fehlt zudem eine gute Anbindung an den öffentlich­en Nahverkehr, an Schulen oder Einkaufsmö­glichkeite­n. Dennoch geht JLL davon aus, dass die durchschni­ttlichen Umbaukoste­n für die Umnutzung von Bürofläche­n im Durchschni­tt deutlich niedriger ausfallen als für einen Neubau.

In Frankfurt stehen derweil die städtische­n Kassenprüf­er Kopf. Die Gebäude der ehemaligen Börse seien überteuert, verbraucht­en zu viel Energie und seien für Schulzweck­e ungeeignet, kritisiert das städtische Revisionsa­mt. Allein für die Miete muss Frankfurt rund 13,2 Millionen Euro jährlich aufbringen, bei einer Laufzeit von 30 Jahren. Doch die Stadt hat keine Wahl: Man brauche in den kommenden Jahren mehr als 20 neue Schulen, sagt Bildungsde­zernentin Sylvia Weber.

Bebauungsp­läne zu ändern, kann Jahre dauern.

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