Grüne wollen Prämie streichen
Minister Cem Özdemir wollte sich eigentlich mit den Bauern gut stellen. Ein Positionspapier zeigt andere Pläne.
Anfang des Jahres haben die Bauernproteste die Regierung in Atem gehalten – ganz besonders die Grünen mit Agrarminister Cem Özdemir. Ein neues Positionspapier der Bundestagsfraktion, das dieser Zeitung vorliegt, darf man als Kampfansage an die Bauernschaft lesen. Die Grünen wollen ran an die flächengebundenen Direktzahlungen aus Brüssel. Diese „gehören abgeschafft“, sagt Renate Künast, Fraktionssprecherin für Landwirtschaft. Die Interessen einzelner Gruppen dürften bei der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) nicht das Maß sein. „Ein Beharren auf Maximalforderungen, wie wir es bei den Bauernprotesten gesehen haben, bringt niemanden ans Ziel.“
Die Grünen fordern für die Förderperiode ab 2028 ein radikales Umdenken bei den Eu-agrarsubventionen. „Nach der Maxime ‚Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen‘ muss Landwirtschaft honoriert und motiviert werden, Umwelt und
Klima, und damit ihre eigenen Betriebsgrundlagen, zu schützen“, sagt Künast.
Scharfe Kritik kommt aus der Unionsfraktion. „Unsere weltweit höchsten Standards in der Landwirtschaft, die Sicherung der Ernährung oder die Pflege der Kulturlandschaft werden nicht über den Preis, sondern auch über die Eu-direktzahlungen entlohnt“, sagt Albert Stegemann. Das seien bereits öffentliche Leistungen, für die Landwirte öffentliches Geld erhalten, betont der Fraktionssprecher der CDU für Landwirtschaft und giftet: „Anstatt politisch gefährliche Papiere aus dem Elfenbeinturm zu entwerfen, sollten die Grünen lieber die Finger von der heimischen Landwirtschaft lassen.“
Die europäische Agrarpolitik steht auf zwei Finanzierungssäulen. Die „Einkommensgrundunterstützung“genannten und an die Fläche gebundenen Direktzahlungen sind der größte Batzen, zwischen 2023 und 2027 fließen 12,78 Milliarden Euro aus Brüssel an die deutschen Bauern. Um die 156 Euro pro Hektar zu erhalten, müssen die Landwirte Bedingungen erfüllen. Umweltmaßnahmen werden allerdings über die sogenannten Ökoregelungen aus der zweiten Säule gezielt gefördert.
Das wollen die Grünen ändern. Ein neuer Konflikt mit den Landwirten ist damit vorprogrammiert. Der Deutschen Bauernverband fordert für die kommende Förderperiode nämlich einen tiefgreifenden Bürokratieabbau — und nimmt damit die zweite Säule mit den Ökoregelungen ins Visier. Diese seien derzeit nicht attraktiv und praktikabel genug. Zu dem Positionspapier der Grünen äußern wollte sich der Bauernverband aber nicht.
Genauso wenig wie Özdemir. Ihm selbst schwebt eine Abschaffung in zwei Schritten bis 2041 vor. Die Maxime von Künast‚ ‚Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen‘, macht er sich laut einem Sprecher allerdings ganz explizit zu eigen.