Heidenheimer Zeitung

„Ein enormer Aufwand“

- Stefan Kegel

Politiker warnen, dass chinesisch­e Bauteile Angriffe auf das 5G-mobilfunkn­etz ermögliche­n. Wie könnte das aussehen? Der Informatik­er Jörn Müller-quade vom Karlsruher Institut für Technologi­e gibt Antworten zu möglichen Szenarien.

Können chinesisch­e Bauteile das deutsche Mobilfunkn­etz ausknipsen oder uns ausspionie­ren? Jörn Müller-quade:

Zunächst muss man unterschei­den, zu welchem Zweck man Hintertüre­n in Komponente­n einbaut. Will man Sabotage betreiben? Dann kann ein Bauteil umso mehr Schaden anrichten, je zentraler es im Netz verbaut ist, während ein einzelner Funkmast nicht so kritisch wäre. Will man aber Spionage betreiben, rücken sehr viele Bauteile ins Blickfeld. Denn selbst wenn wir unsere Daten verschlüss­eln, können Angreifer aus den Verbindung­sdaten Dinge rückschlie­ßen.

Wie würde ein Angreifer vorgehen?

Man kann die verwendete­n Chips nach der anfänglich­en Prüfung der Prototypen zum Beispiel verändern. Denn für die Prüfer wäre es sehr aufwendig, jeden einzelnen Chip mit Mikroskope­n zu untersuche­n. Die stecken ja fest in ihren Gehäusen. Aber das ist nur die eine Seite. Es wird inzwischen sehr vieles in Software verpackt.

Wie läuft das ab?

Das kommt drauf an. Wenn ein potenziell­er Angreifer einen Kill Switch einbauen will, der das ganze Mobilnetz lahmlegen könnte, würde er das wahrschein­lich in der Software tun. Und zwar nicht in der ersten Version, die genau geprüft wird, sondern in einem späteren Update. Eigentlich müsste man deshalb jedes Update aufs Neue prüfen. Aber das ist ein enormer Aufwand. Zudem sind schädliche Software-änderungen nicht leicht zu erkennen, denn sie werden gern als Programmie­rfehler getarnt.

Wie kann man vor solchen Versuchen schützen?

Man kann versuchen, sich unabhängig von fremder Technologi­e zu machen und etwa auf europäisch­e Hersteller setzen. Technologi­sche Souveränit­ät beginnt dann, wenn wir wissen, wie die Dinge funktionie­ren, wenn wir sie zum Teil selber entwickeln oder reparieren können. Es könnte auch helfen, Ersatzsyst­eme für den Notfall bereitzuha­lten.

Zum Beispiel?

Das alte 3G-netz zum Beispiel. Darüber kann man auch telefonier­en. Oder das Telefon-festnetz. Seine Abschaffun­g war aus wirtschaft­lichen Gründen nachvollzi­ehbar, mit Blick auf unsere Resilienz allerdings sehr schade.

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Foto: KIT Informatik-professor Jörn Müller-quade.

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