„Ein enormer Aufwand“
Politiker warnen, dass chinesische Bauteile Angriffe auf das 5G-mobilfunknetz ermöglichen. Wie könnte das aussehen? Der Informatiker Jörn Müller-quade vom Karlsruher Institut für Technologie gibt Antworten zu möglichen Szenarien.
Können chinesische Bauteile das deutsche Mobilfunknetz ausknipsen oder uns ausspionieren? Jörn Müller-quade:
Zunächst muss man unterscheiden, zu welchem Zweck man Hintertüren in Komponenten einbaut. Will man Sabotage betreiben? Dann kann ein Bauteil umso mehr Schaden anrichten, je zentraler es im Netz verbaut ist, während ein einzelner Funkmast nicht so kritisch wäre. Will man aber Spionage betreiben, rücken sehr viele Bauteile ins Blickfeld. Denn selbst wenn wir unsere Daten verschlüsseln, können Angreifer aus den Verbindungsdaten Dinge rückschließen.
Wie würde ein Angreifer vorgehen?
Man kann die verwendeten Chips nach der anfänglichen Prüfung der Prototypen zum Beispiel verändern. Denn für die Prüfer wäre es sehr aufwendig, jeden einzelnen Chip mit Mikroskopen zu untersuchen. Die stecken ja fest in ihren Gehäusen. Aber das ist nur die eine Seite. Es wird inzwischen sehr vieles in Software verpackt.
Wie läuft das ab?
Das kommt drauf an. Wenn ein potenzieller Angreifer einen Kill Switch einbauen will, der das ganze Mobilnetz lahmlegen könnte, würde er das wahrscheinlich in der Software tun. Und zwar nicht in der ersten Version, die genau geprüft wird, sondern in einem späteren Update. Eigentlich müsste man deshalb jedes Update aufs Neue prüfen. Aber das ist ein enormer Aufwand. Zudem sind schädliche Software-änderungen nicht leicht zu erkennen, denn sie werden gern als Programmierfehler getarnt.
Wie kann man vor solchen Versuchen schützen?
Man kann versuchen, sich unabhängig von fremder Technologie zu machen und etwa auf europäische Hersteller setzen. Technologische Souveränität beginnt dann, wenn wir wissen, wie die Dinge funktionieren, wenn wir sie zum Teil selber entwickeln oder reparieren können. Es könnte auch helfen, Ersatzsysteme für den Notfall bereitzuhalten.
Zum Beispiel?
Das alte 3G-netz zum Beispiel. Darüber kann man auch telefonieren. Oder das Telefon-festnetz. Seine Abschaffung war aus wirtschaftlichen Gründen nachvollziehbar, mit Blick auf unsere Resilienz allerdings sehr schade.