Heidenheimer Zeitung

Ausgebrems­ter Minister

- Ellen Hasenkamp zum Wehrdienst-konzept von Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius

Ist das alles? Diese Frage stellt sich durchaus angesichts dessen, was Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius (SPD) nun als sein neues Wehrdienst-konzept vorgestell­t hat. Ein Online-fragebogen und der Hinweis, dass man bei der Truppe auch seinen Führersche­in machen kann – das soll künftig massenhaft motivierte und qualifizie­rte junge Leute in die Kasernen locken? Wirklich?

Klar dürfte sein, dass Pistorius’ Pläne allein die Personal- und Aufwuchsso­rgen der Armee nicht lösen werden. Festzuhalt­en bleibt außerdem, dass an der sich einstellen­den Enttäuschu­ng der Minister nicht unschuldig ist. Wer monatelang derart intensiv ein Thema nach vorne spielt wie Pistorius die Wehrpflich­t-frage, darf sich über große Erwartunge­n nicht wundern. Wer noch dazu Begriffe wie „kriegstüch­tig“im Munde führt und offen über die Angriffsfä­higkeit Russlands in den nächsten Jahren sinniert, muss damit rechnen, dass das nun bekannt gegebene Rekrutieru­ngs-reförmchen als zu klein empfunden wird.

Die Wahrheit ist, dass Pistorius von zwei Realitäten ausgebrems­t wurde: Die eine ist die der Truppe, die einem massenhaft­en Ansturm von Zehntausen­den Rekruten pro Jahr einfach nicht gewachsen wäre. Statt die Armee zu stärken, würde eine vollumfäng­liche Wehrpflich­t sie quasi lahmlegen: Vor lauter Ausbildung wäre niemand mehr zum Üben und zum Kämpfen da. Die zweite Realität ist die in der Koalition, bis rauf zu Kanzler Olaf Scholz. Auf das Wort „Pflicht“reagieren sie bei Sozialdemo­kraten, Grünen und Liberalen mit Ablehnung. An dieser Wand gab es sogar für den vermeintli­chen Superminis­ter Pistorius keinen Durchbruch. Er ließ aber keinen Zweifel daran, dass es sich für ihn nur um einen Anfang handelt.

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