Deutsche Bank versucht Befreiungsschlag
John Cryan präsentiert neuen Sanierungsplan für das angeschlagene Geldhaus
- Die Deutsche Bank wird wieder einmal umgebaut – die Postbank wird eingegliedert, die Investmentbankingsparte neu aufgestellt und es gibt zwei neue Co-Vorstandschefs. Das hatte Vorstandschef John Cryan bereits am Sonntag bekannt gegeben.
Der Strategieschwenk bei der Postbank kommt für viele Beobachter nicht überraschend. Einen Preis von sechs Milliarden Euro, den der frühere Vorstandschef Josef Ackermann 2010 für das Institut bezahlt hatte, hätte die Deutsche Bank auf absehbare Zeit nicht mehr erzielen können. Und ein Preis deutlich darunter wäre den Aktionären nach zwei Jahren mit Milliardenverlusten kaum zu vermitteln gewesen. Dann nämlich hätte die Bank viel Geld abschreiben müssen und womöglich wieder rote Zahlen geschrieben.
So hat sie sich nun entschieden, die gelbe Bank zu behalten und in das Privat- und Firmenkundengeschäft der Mutter einzugliedern. Das soll Kosten sparen, weil Verwaltung und Technik zusammengelegt werden – wieder zusammengelegt werden. Denn seitdem sich die Bank vor knapp zwei Jahren, damals noch unter dem Vorstandsduo Anshu Jain und Jürgen Fitschen, entschlossen hatte, die Postbank zu verkaufen, musste sie mühsam entflochten werden.
Neuer Blick auf die Kunden
Verkauft werden sollte sie damals, weil sie das Eigenkapital der Mutter zu sehr belastet hatte. Die Deutsche Bank hatte beim Kauf erhofft, dass sie die hohen Einlagen der Postbank zur Refinanzierung des eigenen Geschäfts werde nutzen können. Das aber sei nach der Gesetzeslage nicht im erhofften Maße möglich gewesen. „Da zeichnet sich inzwischen eine Änderung ab“, erklärt Markus Rießelmann, Analyst von Independent Research. Das könnte ein weiterer Grund sein, warum die Deutsche Bank die Postbank re-integriert.
Die ungeliebte Tochter mit ihren 14 Millionen Kunden könnte aber auch noch mehr Potenzial für die Mutter bieten, glaubt Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft an der Universität Hohenheim. Darunter seien wahrscheinlich viele, die nur einfache Sparprodukte interessierten. „Aber aus einem Studenten, der ein Konto bei der Postbank hat, wird später vielleicht ein Anwalt oder Unternehmer. Und solche Kunden könnten für das Kerngeschäft der Deutschen Bank doch interessant werden, weil sie dann vielfältigere Ansprüche an ihre Bankverbindung haben“, meint der Bankexperte.
Die gut 18 000 Mitarbeiter der Postbank jedoch, aber auch die der Mutter, müssen wohl wieder um ihre Jobs bangen: „Es wird sicherlich einige Jobverluste in Deutschland geben“, sagte Deutsche-Bank-Chef John Cryan gestern dem Wirtschaftssender Bloomberg TV: „Wir machen es auf die deutsche Art. Wir wollen zu einer Übereinkunft kommen.“Diese „Jobverluste“kommen nun zusätzlich zu der schon angekündigten Streichung von 9000 der insgesamt 99 700 Arbeitsplätze weltweit, die bis 2018 abgeschlossen sein soll. 4000 Stellen davon sollen allein in Deutschland entfallen.
Neue Kronprinzen
Die Integration der Postbank in das Privat- und Firmenkundengeschäft der Deutschen Bank ist der eine große Schritt. Der andere betrifft das Investmentbankgeschäft: Das hatte Vorstandschef Cryan vor anderthalb Jahren erst aufgespalten in das reine Investmentbanking und das Handelsgeschäft. Beide werden nun wieder zusammengeführt, die Leitung dieser Säule sollen der bisherige Chef des Handelsgeschäfts, Garth Ritchie, zusammen mit dem Noch-Finanzvorstand Markus Schenck übernehmen. Schenck ist ein großer Gewinner des Umbaus – neben Christian Sewing, der im Vorstand für das Privat- und Firmenkundengeschäft zuständig ist. Beide sind mit sofortiger Wirkung zu stellvertretenden Co-Vorstandsvorsitzenden ernannt worden, eine Position, die es so bisher nicht gab.
Analysten wie Philipp Hässler vom Bankhaus Equinet sehen das als Signal, dass sie in zwei bis drei Jahren die Nachfolge John Cryans antreten werden. Dass sie das beide wieder als Doppelspitze tun werden, glaubt Analyst Markus Rießelmann von Independent Research jedoch nicht: Nach den schlechten Erfahrungen der vergangenen Jahre werde wahrscheinlich derjenige die Bank führen, der sich bis dahin am besten bewährt habe.
Neue Milliarden
Die Börsianer reagierten gestern mit Kursabschlägen auf die Pläne der Deutschen Bank. Das dürfte jedoch nicht unbedingt als Unmut über die Strategie zu werten sein, es sei vielmehr eine technische Reaktion auf die angekündigte Kapitalerhöhung um acht Milliarden Euro gewesen, glaubt Analyst Hässler.
Um den Umbau zu finanzieren, benötigt das Institut frisches Geld, das es sich durch die Ausgabe neuer Aktien beschaffen will. Außerdem soll die dritte Säule der Bank, die Vermögensverwaltung Deutsche Asset Management, an die Börse gebracht werden. Die Bank dürfte sich von einem Viertel ihrer Anteile trennen und dafür nochmals etwa zwei Milliarden Euro erlösen.