Durchsuchung bei Audi am Tag der Bilanz
Ermittlungen „wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung“
- Nach einem schwarzen Jahr wollte Audi-Chef Rupert Stadler auf der Jahrespressekonferenz den Blick eigentlich in eine bessere Zukunft richten: Elektroautos, Digitalisierung, Pilotprojekte – nach dem Diesel-Skandal „werden wir uns neu erfinden“, so stand es in Stadlers Manuskript. Doch dann standen am Mittwoch früh plötzlich Staatsanwälte und Beamte des bayerischen Landeskriminalamts mit einem Durchsuchungsbefehl in der AudiZentrale in Ingolstadt. Die Justiz zwang den Vorstandschef zum Blick in die Vergangenheit. Autos und die Aussichten im laufenden Jahr waren nur noch eine Randnotiz.
Schon im Herbst 2015 hatten die US-Behörden Abgas-Manipulationen aufgedeckt, auch bei Audi-Dieselmotoren. Audi hat sie längst zugegeben und auch einen gerichtlich abgesegneten Vergleich mit den USBehörden geschlossen. Der DieselSkandal habe Audi bislang 1,86 Milliarden Euro gekostet, weitere Rückstellungen seien nicht mehr notwendig, sagte Finanzvorstand Axel Strotbek am Mittwoch. Die Sache schien eigentlich weitgehend abgeschlossen.
Stadler verteidigt sich
Doch die Staatsanwaltschaft München hat jetzt ein Ermittlungsverfahren eröffnet, gegen Unbekannt. Mit den zeitgleichen Durchsuchungen bei Audi in Ingolstadt, Neckarsulm, Wolfsburg und auch in Wohnungen will sie herausfinden, wer beteiligt war an der manipulierten AbgasSoftware und an den falschen Versprechen gegenüber den Autokäufern in den USA. „Betrug und strafbare Werbung“lautet der Vorwurf.
Stadler verwies auf die intensiven Ermittlungen der US-Anwaltskanzlei Jones Day bei Audi und auf den Aufsichtsrat des VW-Konzerns, der sich im Februar hinter ihn gestellt habe. Er habe sich stets für die Aufklärung der Diesel-Affäre eingesetzt, sie „ist aktuell mein zentraler Job als Vorstandsvorsitzender“.
Seit 2007 steht der Betriebswirt an der Spitze von Audi, als erster Nicht-Ingenieur auf diesem Posten. Bereits zwei Audi-Technikvorstände – Ulrich Hackenberg und dessen Nachfolger Stefan Knirsch – stolperten über die „Diesel-Thematik“. Vier Audi-Mitarbeitern wurde gekündigt.
Stadlers erklärtes Ziel, Mercedes und BMW zu überholen und die Nummer eins in der Oberklasse zu werden, ist immer weiter entfernt – die Wettbewerber wachsen, Audi schrumpft seit Jahresbeginn. Es gibt viele Baustellen bei Audi: In China hat ein Streit mit Händlern die Verkäufe einbrechen lassen. In Mexiko hat Audi soeben ein SUV-Werk eröffnet – beim Export in die USA drohen neuerdings Zölle. In Großbritannien, dem viertgrößten Audi-Markt, verwässert der Kursrutsch des Pfunds nach der Brexit-Entscheidung den Gewinn.
Gewinn um 5,6 Prozent gesunken
Im vergangenen Jahr sank der Gewinn im laufenden Geschäft um 5,6 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro. Dazu kamen noch die Kosten aus dem Diesel-Skandal. Der Umsatz kletterte um 1,5 Prozent auf 59,3 Milliarden Euro. Der Absatz stieg um 0,3 Prozent auf gut 1,5 Millionen Fahrzeuge.
Um in neue Modelle und in Zukunftstechnologien investieren zu können, muss Audi sparen. Stadler nannte als Beispiel Motoren: „Warum braucht jeder Vierzylinder vier Leistungsvarianten? Als Konsequenz aus der Diesel-Affäre stellen wir alles auf den Prüfstand.“Die Aufarbeitung sei „noch lange nicht abgeschlossen“. Sein Unternehmen tue alles, „dass so etwas wie die DieselAffäre bei uns nie wieder passiert“.