Angeklagter klagt an
Früherer HRE-Chef Georg Funke weist Schuld von sich
(dpa) - Im Strafprozess um den Milliardenkollaps der Bankengruppe Hypo Real Estate (HRE) 2008 hat der angeklagte frühere Vorstandschef Georg Funke sich selbst zum Ankläger gemacht: Der damals fristlos entlassene ehemalige Bankier beschuldigte am Dienstag vor dem Münchner Landgericht in einem vierstündigen leidenschaftlichen Auftritt die Deutsche Bank und den Bund – insbesondere den damaligen Finanzminister und späteren SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück und die Finanzaufsicht Bafin.
Nach Funkes Darstellung wurde der teuerste Schadenfall der Finanzkrise in Deutschland nicht durch Geldprobleme der Bank ausgelöst – sondern im Gegenteil erst durch die Rettungsaktion Ende September 2008. „Von einem Notfall konnte keine Rede sein.“Ob der Untergang der HRE vermeidbar gewesen wäre, ist eigentlich gar nicht Thema des Prozesses. Die Anklage wirft Funke vor, in den Monaten zuvor die Bilanzen der Bank geschönt zu haben – mögliche Höchststrafe sind drei Jahre Gefängnis. Der Ex-Banker dagegen will einen Freispruch erkämpfen. „Die HRE ist von außen zerstört worden.“
Da die HRE wegen ihrer Größe als systemrelevant galt, sprang der Bund von 2008 bis 2010 mit fast zehn Milliarden Euro an Finanzhilfen und weiteren 124 Milliarden Euro an Bürgschaften ein. Funke wurde fristlos gefeuert, die Bankengruppe 2009 verstaatlicht und später zerschlagen. Zum Buhmann wurde Funke insbesondere, weil er nach dem Kollaps noch Gehalts- und Pensionsnachzahlungen in Millionenhöhe forderte.
„Ungeheuerlicher Vorgang“
Die Hauptverantwortung für das Desaster schob Funke der Deutschen Bank und ihrem damaligen Chef Josef Ackermann zu – die falsche Informationen über die Lage der HRE verbreitet hätten. „In einem Mandatsverhältnis denunziert die Deutsche Bank die HRE und zerstört jegliches Vertrauen in das Management beziehungsweise die Kreditwürdigkeit der HRE-Gruppe“, sagte der sichtbar aufgewühlte Banker. „Ein aus meiner Sicht ungeheuerlicher Vorgang.“Weder die Deutsche Bank, noch ein Sprecher Ackermanns wollten die Vorwürfe Funkes kommentieren.