Streit um „Fließband“-Hinrichtungen
Wendell Griffen, Richter im Pulaski County, einem Verwaltungsbezirk in Arkansas, ist zu einem Hoffnungsträger der Gegner der Todesstrafe geworden. Vor Ostern entschied der Afroamerikaner, der früher nebenbei Pfarrer war, eine geplante Hinrichtungswelle vorerst aufzuschieben. Er gab der Klage eines Pharmagroßhändlers statt, der sich dagegen verwahrte, dass ein von ihm vertriebenes Medikament bei Exekutionen verwendet wird.
Seitdem scheiden sich die Geister an Griffen. Stramm konservative Senatoren in Arkansas fordern den Juristen zum Rücktritt auf. Für den Fall, dass er nicht freiwillig geht, drohen sie mit einem Amtsenthebungsverfahren. Worauf Griffen gelassen entgegnet, seine persönlichen Überzeugungen hinderten ihn ja nicht daran, das Recht korrekt auszulegen.
In Arkansas sollten bis Ende des Monats, so die Absicht, acht Häftlinge mittels Giftspritze hingerichtet werden. In der jüngeren Geschichte der USA wäre das ein trauriger Rekord: Kein anderer Bundesstaat hat bislang so kurz hintereinander so viele Menschen hinrichten lassen, seit der Oberste Gerichtshof die Todesstrafe 1976 nach vorübergehendem Moratorium wieder für zulässig erklärt hat. An vier Tagen sollten jeweils zwei Häftlinge in der „Death Chamber“sterben, ein Zeitplan, der Kritiker von Fließbandmentalität sprechen lässt. Allein deshalb hatten die Anwälte der acht Todeskandidaten Einspruch eingelegt: Die Hast sei ein Affront gegen die menschliche Würde.
Haltbarkeitsdatum läuft ab
Dann begründete der Gouverneur von Arkansas, Asa Hutchinson, die Eile mit Gründen der Effizienz – das verstärkte die Proteste allerdings nur noch. Irgendwann hatten die Behörden entdeckt, dass am 30. April die Haltbarkeit ihrer Midazolam-Bestände ablaufe. Der Gouverneur, ein Republikaner, will nächstes Jahr wiedergewählt werden. Mit Härte hofft er offenbar Punkte zu sammeln in einem ländlich geprägten Milieu, in dem die Mehrheit der Bürger die Todesstrafe noch immer für angemessen hält.
Es sind drei Wirkstoffe, die dem auf der Pritsche Festgeschnallten in die Venen gespritzt werden: zuerst ein Betäubungsmittel wie Midazolam, dann Pancuroniumbromid, das die Muskeln lähmt, schließlich Kaliumchlorid, das den Herzschlag stoppt. Der schnelle, klinisch reine Tod durch die Injektion – zu oft hat er sich als Märchen entpuppt. Dennis McGuire etwa litt im Januar vor drei Jahren 26 Minuten lang furchtbare Qualen, ehe Mediziner im Gefängnis von Lucasville in Ohio seinen Tod feststellten. Theoretisch sollte es drei Minuten dauern, bis die Giftmischung ihre Wirkung erzielte.
In Arkansas, auch das ein Novum, war es ein US-Konzern, der gegen den Missbrauch seiner Produkte durch die Hinrichtungsmaschine klagte. Der Pharmagroßhändler McKesson sah sich hinters Licht geführt, weil die Behörden verschwiegen hatten, wofür sie die bestellten Medikamente brauchten. Beharre man auf den Exekutionen, begründete Wendell Griffen sein Urteil, nähme das Image des Händlers erheblichen Schaden. Einen Schaden, den rückgängig zu machen nicht möglich sei.