Kinder machen ihr Theater selbst
Schüler der Lippachtalschule entwickeln mit Theaterprofis eine Piraten-Odyssee
- Die Kinder der Lippachtalschule basteln, texten und proben seit Wochen für den großen Tag. Am Freitag führen die Grundschüler ein Theaterstück auf, das sie von Grund auf selbst auf die Beine gestellt haben – unter der Regie des Mühlheimer Künstlerpaars Cécile Legrand und Martin Bachmann. Das Ergebnis ließ bei den Proben zu dem bunten Piratenabenteuer schon eines erahnen: Das Theaterprojekt ist ein Volltreffer, der erstaunlich viel Fantasie bei den Kindern im Lippachtal freigesetzt hat.
Ein donnernder Chor von Kinderstimmen erfüllt das Klassenzimmer, in dem Erwin Ulmer am Schifferklavier das Seemanns-Shanty „Wir lieben die Stürme“begleitet. Die Kinder der ersten und zweiten Klassen übertönen locker das Instrument. „Ja, wir sind Piraten und fahren zu Meere, wir fürchten nicht Tod und den Teufel dazu“, tönt es aus vollster Kinderseele. Die Jüngsten der Grundschule geben den Chor des bunten Piratenstücks, haben aber auch schon beim Basteln der vielen bunten Stabfiguren geholfen, die bei dem Theaterstück als „Charaktere“dienen.
Die älteren Schüler der höheren Klassen sitzen derweil mit Martin Bachmann, der mit seiner Frau Cécile Legrand das Theaterprojekt leitet, im Kreis zusammen und feilen an den Dialogen. Zu jeder Szene, also jeder Station der Piraten-Odyssee, haben die beiden Theaterprofis vom Theater-Bahnhof Mühlheim zusammen mit den Lehrern einen vorläufigen Text mit einem roten Faden entworfen. Die Kinder sprechen die Dialoge vor, variieren dabei die Stimme und haben sogar eigene Ideen, wie beispielsweise ein Pirat im Jahr 2017 schimpft. „Du musst viel hämischer klingen und dreckig lachen“, ermutigt Martin Bachmann eine Schülerin, die eine fies lachende Piratin geben soll. „Har har har – so ein verdammter Mist!“donnert es beim zweiten Versuch aus dem Mädchen heraus.
Kinder sind Feuer und Flamme
„Wir erarbeiten gerade das finale Textbuch mit den Dialogen, das für die Aufführung dann nur noch geringfügig modifiziert wird“, erklärt Bachmann. Die Kinder seien von Begin an Feuer und Flamme gewesen, können die beiden Theaterleute wie auch Schulleiterin Margot Ulmer bestätigen. Mit einem Aber: „Die Kinder haben dann schon schnell festgestellt, dass das Theaterspielen auch viel Arbeit ist“, sagt Ulmer.
Ein wenig Übung braucht es noch beim Zusammenspiel der Sprecher und Spieler, denn beide Seiten müssen den Text kennen, aber nur die Spieler agieren auf der Bühne. Einer spricht und einer spielt – so lautet das Konzept des Stabfiguren-Theaters. Den Theatermann hat es bei den Proben überrascht, wie gut die Kinder sich und ihre Fähigkeiten selbst einschätzen können. Ein schüchtern wirkendes Mädchen entpuppe sich auf der Bühne plötzlich als große Persönlichkeit. „Dann stehen die auf der Bühne mit einer Stimme, dass es eine Freude ist“, sagt Bachmann.
Dann geht es weiter. Texte werden geschliffen, die kleinen Dramen des Theaterstücks pointiert. Manchmal überwältigen die vom Textbuch geforderten Passagen den einen oder anderen „Piraten“und Bachmann muss einschreiten, die Schauspieler wieder zurück in die Wirklichkeit zu holen, auf den Fußboden des Klassenzimmers der Lippachtalschule. Denn die Odyssee der Lippachtal-Piraten beginnt erst am Freitag. Bis dann wird noch die Schulbank gedrückt oder Theater geprobt.