Der 100-jährige Fronleichnamsaltar blieb in der Familie
Herr Villing, Ihre Familie hat am elterlichen Haus in Böttingen fast 100 Jahre lang einen Fronleichnamsaltar gestaltet. Was geschah nun nach dem Tod Ihres Vaters im vergangenen Jahr?
Unser Vater Marzell Villing ist im Januar 2016 im Alter von fast 94 Jahren verstorben und es war auch noch sein Wunsch, dass wir in seinem Sterbejahr auf Fronleichnam den Altar vor dem elterlichen Haus in der Hauptstraße 47 aufstellen. Diesen Wunsch haben wir ihm gerne erfüllt, da der Altar für meinen Vater und unsere schon 1985 verstorbene Mutter Justina Villing eine große Herzensangelegenheit war, wie auch schon unseren Großeltern. Auch wir Kinder sind mit dem Herrichten und Aufstellen des Altars vor dem Wohnhaus innigst aufgewachsen. Als wir klein waren, sind wir am Fronleichnamsmorgen schon in aller Herrgottsfrühe raus, um ja unseren Eltern einzelne Altarfiguren von der Bühne bringen zu dürfen. Die Eltern haben den Altar mit den vielen Figuren, fein gebügelten Tüchern und Blumen geschmückt und wir waren stolz darauf, die Engelsfiguren, Votivtafeln oder den Christus reichen zu dürfen. Parallel dazu wurde auch noch der Blumenteppich vor dem Altar gelegt und jede Hand wurde gebraucht. Unsere Eltern waren jedoch schon Tage davor beschäftigt, alles auf das Fronleichnamsfest herzurichten, den Blumenschmuck, die Fronleichnams-Fahnen, und auch wurde großer Wert darauf gelegt, dass es um das ganze Haus schön aussah. Mein Vater hat bis in sein hohes Alter aktiv mitgeholfen, und dann Stück um Stück die Verantwortung an uns Kinder abgegeben. Zusammen haben wir in den letzten Jahren den Altar im Sinne unserer Eltern zu jedem Fronleichnamsfest aufgebaut, obwohl wir alle aus dem elterlichen Haus waren, und auch unsere Kinder, also die Enkelkinder, haben uns wieder unter die Arme gegriffen. Nach dem Tod unseres Vaters hat sich dann die Erbengemeinschaft gebildet. Im von unseren Eltern überlassenen Haus, das wir Anfang dieses Jahres verkaufen konnten, befand sich auch der Altar als Erbgut. Da mir selbst auch viel an dem Altar lag, habe ich diesen komplett aus der Erbengemeinschaft aufgekauft, da für uns alle klar war, dass der Altar zusammen und in Familienhand bleiben sollte. Den Altar habe ich danach mit seinen vielen Figuren und Einzelteilen bei mir gelagert. Den hölzernen Altarkorpus, die Seitenteile und das Holzkreuz muss ich allerdings herrichten, da diese etwas Gebrauchsspuren aufweisen. Mittlerweile habe ich in Erfahrung gebracht, dass es in Ochsenhausen ein spezielles privates Museum für sakrale Gegenstände gibt, der Inhaber hat auch Interesse an kompletten Altären. Das wäre eine Möglichkeit, den Altar in all seiner Pracht ständig aufgestellt zu wissen. Allerdings bin ich auch offen dafür, wenn eine Kirchengemeinde bei mir um den über 100 Jahre alten und mit besonderen Figuren ausgestatteten Altar nachfragt. Wichtig ist es mir vor allem, wenn der Altar aus dem Haus geht, dass ich weiß, wo er aufgestellt und auch für die Nachkommen zu sehen ist. (abra)