Opposition spricht von „Staatsversagen“
Abgas-Untersuchungsausschuss übergibt Bericht – Regierung sieht bei sich keine Fehler
- Trägt die Bundesregierung eine Mitschuld an den Schummeleien der Autokonzerne? Der AbgasUntersuchungsausschuss des Bundestages vernahm 57 Zeugen, darunter Kanzlerin Angela Merkel und ExVW-Chef Martin Winterkorn, um diese Frage zu klären. Heute wird der Abschlussbericht an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) übergeben. Tobias Schmidt beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.
Zu welchem Bewertungsergebnis sind CDU/CSU und SPD gekommen?
Der Untersuchungsausschuss habe „keine relevanten neuen Erkenntnisse zutage gefördert“, heißt es in der gemeinsamen Bewertung von Union und SPD. Die Regierung habe „unverzüglich aufgeklärt“, nachdem im Herbst 2015 aufgeflogen war, dass VW in den USA illegale Software einsetze. Deswegen sei der Ausschuss überflüssig gewesen.
Was sagt die Opposition?
Der Abgas-Untersuchungsausschuss habe gezeigt, „dass organisiertes Staatsversagen den Abgasbetrug in Deutschland ermöglicht hat“, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme von Linkspartei und Grünen. Die Regierung sei seit Langem über erhöhte Abgaswerte im Realbetrieb informiert gewesen, habe aber Aufklärungsversuche „unterbunden“und das KraftfahrtBundesamt (KBA) in seiner „Mentalität des Wegschauens“unterstützt. Der Ausschussvorsitzende Herbert Behrens (Die Linke) wirft Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zudem vor, eigene Messungen zu CO2-Werten zurückzuhalten, um die Industrie zu schützen.
War die Bundesregierung vorab informiert?
Kanzlerin Angela Merkel gab als Zeugin an, erst aus den Medien von dem Skandal erfahren zu haben. ExVW-Chef Winterkorn verweigerte unter Verweis auf staatsanwaltliche Ermittlungen präzise Angaben über den Zeitpunkt, an dem er informiert worden ist.
Bleibt der Ausschuss völlig ohne Konsequenzen?
Die SPD pocht auf Geldbußen pro Fahrzeug für Hersteller, die illegale Abschalteinrichtungen einsetzen. Dafür sei „ein klar gefasster Tatbestand“notwendig, so SPD-Expertin Kirsten Lühmann. Bei der Typengenehmigung müssten die Autobauer überdies ihre Motorsteuerungssoftware hinterlegen.
Welche weitergehenden Forderungen erhebt die Opposition?
Sie pocht auf Nachbesserungen bei den neuen EU-weiten Prüfverfahren unter realen Verkehrsbedingungen (RDE), damit Schlupflöcher geschlossen und die Grenzwerte tatsächlich eingehalten werden. Überdies sollten nicht nur Abgaswerte, sondern auch CO2-Emissionen und Verbrauch im praktischen Fahrbetrieb ermittelt werden. Neben Sanktionen für den Einbau illegaler Abschalteinrichtungen fordern Grüne und Linkspartei auch die rechtsverbindliche Umrüstung aller betroffenen Fahrzeuge durch die Hersteller sowie die Ermöglichung von Musterklagen wie in den USA, damit Kunden ihre Wagen entweder umtauschen oder Schadensersatz für den Wertverlust erwirken können.
Was ist mit zu hohen SchadstoffWerten, die seit dem VW-Skandal aufgetaucht sind?
Der Umweltminister von BadenWürttemberg, Winfried Hermann (Grüne), hält eine reine Softwarelösung bei der Umrüstung für nicht ausreichend, weil diese nur bei knapp der Hälfte der Fahrzeuge infrage komme und den Schadstoffausstoß nicht ausreichend senke. Er will eine Bundesratsinitiative starten, um die Bundesregierung zu drängen, rasch für eine wirksame Reduzierung des Stickoxid-Ausstoßes zu sorgen.